„Querpass-Toni“ in Deutschland: Kroos ist einer der Größten aller Zeiten – doch das erkennen nur die Spanier

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Mit Toni Kroos beendet einer der besten Fußballer in der deutschen Geschichte seine Karriere. Über einen einzigartigen Fußballer, dessen Magie viele bis heute nicht verstehen.

„Wenn du das Spiel beobachtest, siehst du Busquets nicht. Wenn du Busquets beobachtest, siehst du das ganze Spiel.“ Vicente del Bosque prägte diesen Satz über einen der besten Sechser der Fußballgeschichte.

Sergio Busquets bekam in seiner Karriere viel Anerkennung, blieb im Schatten von Iniesta und Xavi aber immer der unspektakuläre Zuarbeiter – zumindest in der breiten Öffentlichkeit. Es sind oft diese Spieler, die zwar nicht die meisten Highlights eines Spiels haben, für den Ausgang aber entscheidender sind als Torschützen oder Vorlagengeber.

Ähnlich ist es bei Toni Kroos. Der Deutsche gab am Dienstag bekannt, dass er seine Karriere nach der Europameisterschaft im Sommer beenden werde. In der Geschichte des deutschen Fußballs war niemand erfolgreicher als er. Weltmeister, fünffacher Champions-League-Sieger – insgesamt 32 Titel auf Vereinsebene. Nur Thomas Müller (ebenfalls 32) und Manuel Neuer (30) kommen in seine Nähe.

Toni Kroos: Bei Real Madrid eine Legende

Doch Kroos ist mehr als die bloße Anzahl seiner gewonnenen Titel. Zumal er ja bereits am 1. Juni im Champions-League-Finale gegen Borussia Dortmund auf 33 erhöhen kann. Kroos ist eine Legende. In Spanien gibt es daran keinerlei Zweifel. Der 34-Jährige wird von den Fans der Königlichen verehrt. In Deutschland wiederum ist das trotz gewachsenem Ansehen bis heute nicht immer so.

Wer verstehen will, welche Bedeutung Kroos für Real Madrid hat, muss nur beobachten, wie das Publikum auf seine Aktionen reagiert. Wenn er am Ball war, zog er die Fans in seinen Bann. Nicht selten erzeugte er mit seinen Pässen ein Raunen im weiten Rund des Santiago Bernabeu. Gewiss erzeugte er immer ein Gefühl der Sicherheit bei Teamkollegen und Fans.

In Deutschland hingegen hält sich bis heute das Klischee vom „Querpass-Toni“. Wie genau dieser Mythos entstand, kann wohl kaum jemand erklären. Vom Frust der Fans des FC Bayern München nach dem Wechsel zu Real Madrid im Sommer 2014 bis hin zu fußballkulturellen Unterschieden beider Länder gibt es viele Versuche, dem auf den Grund zu gehen.

Auch Statistiken halfen als Gegenargument nicht. Kroos sei zu behäbig, spiele zu viel quer und Zweikämpfe könne er auch nicht führen. Letzteres, so fair muss die Betrachtung seiner Karriere sein, war nie seine größte Stärke. Gleichwohl war es etwas, was er sich zunehmend angeeignet hat.

Kroos so wichtig wie Ronaldo?

Und doch war Kroos in all seinen Jahren bei Real Madrid und letztlich auch in der Nationalmannschaft einer der wichtigsten Spieler – vielleicht sogar der wichtigste. Auch wichtiger als Cristiano Ronaldo? Müßig zu diskutieren.

Allein die Wertschätzung von ehemaligen Wegbegleitern spricht Bände. So sprach Ex-Trainer Zinedine Zidane einst darüber, dass er mal voller Stolz sagen werde, dass er Ronaldo trainiert habe und ergänzte: „Aber ich werde im selben Satz auch sagen, dass ich Toni in meinem Team hatte.“

Kroos war und ist immer noch der Puls von Real Madrid. Im Halbfinale der Champions League gegen den FC Bayern war das auch für die deutschen Fans wieder zu sehen. Als er zu Beginn des Hinspiels von den Münchnern gut aus der Partie genommen wurde, tat sich Madrid sehr schwer. Als Kroos sich etwas tiefer fallen ließ, um mehr Spielanteile zu bekommen, hatte Bayern plötzlich Probleme.

Gekrönt wurde diese Anfangsphase durch seinen hervorragenden Pass auf Vinicius Junior, der das 1:0 erzielte. Ein sehr steiler Querpass.

Der Meister des Rhythmuswechsels

In diesem Fall eine der Situationen, die auch in den Highlights auftauchen, weil sie direkt mit einem Tor verknüpft sind. Kroos aber ist der Meister des Rhythmuswechsels. Er ist der Inbegriff des Stils, den Real Madrid seit Jahren auf den Platz bringt.

Ein Stil, der in den vergangenen Jahren kontrovers diskutiert wurde. Oft schienen die Königlichen in den Seilen zu hängen. Oft kamen sie in Momenten zurück, in denen kaum noch jemand an sie glaubte. Das geht nur mit Spielern wie Kroos. Spieler, die einem Team und dem Gegner einen Rhythmus diktieren können.

Kroos nimmt das Tempo heraus, wenn es notwendig ist und beschleunigt, wenn sein Team es braucht. Es sieht so einfach aus und ist doch so schwer. Wie schwer es ist, zeigen die bisherigen Auftritte des 2014er Weltmeisters im DFB-Trikot seit seinem Rücktritt vom Rücktritt.

Deutschland hat hervorragende Mittelfeldspieler in seinen Reihen. Joshua Kimmich, Ilkay Gündogan – beides Topspieler vom FC Bayern und dem FC Barcelona. Letzterer spielte jahrelang im Mittelfeld von Pep Guardiola bei Manchester City eine große Rolle. Doch kein anderer war in den vergangenen Jahren in der Lage, das Mittelfeld so zu kontrollieren, wie es Kroos gegen Frankreich und die Niederlande tat.

Ein letztes Mal der Dreh- und Angelpunkt

Dass Kroos nicht der alleinige Heilsbringer sein kann, zeigte der Misserfolg des DFB-Teams als er noch aktiv war. Fußball bleibt ein Teamsport. Doch ist seine Rolle gut eingebunden, kann er dem Spiel einen unvergleichlichen Stempel aufdrücken und so die ganze Mannschaft besser machen.

Vermutlich wird der Ausgang dieser Europameisterschaft einen riesigen Einfluss darauf haben, wie Kroos letztendlich in Deutschland bewertet wird. Es ist die letzte große Mission. Vielleicht ist es auch das letzte Puzzleteil, das in seiner überragenden Karriere noch fehlt. Bei der WM 2014 stand er trotz Stammplatz noch im Schatten der Legenden Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm.

Nun fokussiert sich alles auf ihn. Ein letztes Mal im Mittelpunkt. Ein letztes Mal der Dreh- und Angelpunkt. Der Ausgang des Turniers könnte zwar darüber entscheiden, wie ihn die ohnehin schon kritischen Stimmen in Deutschland einordnen. Mit Blick auf seine Karriere, seine Leistungen und Erfolge bleibt jedoch kaum ein anderer Begriff als „Legende“ für ihn übrig.

Tore und Assists sind oft das, was in Erinnerung bleibt. Ohne Spieler wie Kroos gäbe es viele dieser Situationen aber gar nicht erst.

Oder, um es anders zu formulieren und den Busquets-Satz von Del Bosque etwas abzuwandeln: Wer stets das Spiel beobachtet hat, wird eventuell wenig von Toni Kroos in Erinnerung behalten. Wer aber stets Toni Kroos beobachtete, wird das Spiel seiner Mannschaften und deren Rhythmus verstanden haben.

jk





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