Im Prozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump hat sein Ex-Anwalt Michael Cohen gestanden, ihn bestohlen zu haben. Der 57-Jährige sagte, er habe für eine von Trumps Firmen 50 000 Dollar an das Technologieunternehmen Red Finch zahlen sollen, das Trumps Image aufpolieren sollte. Er habe aber nur 20 000 Dollar an den Chef von Red Finch in einer “Papiertüte” übergeben und den Rest behalten. Insgesamt habe ihm die “Trump Organization” 100 000 Dollar für die Transaktionen erstattet.

Cohen rechtfertigte sein Vorgehen als eine Art Selbsthilfe. Er sei verärgert gewesen, weil sein Jahresbonus gekürzt worden sei, nachdem er 130 000 Dollar seines eigenen Geldes vorgestreckt hatte, um das Schweigen des Pornostars Stormy Daniels zu erkaufen.

Trump wird in dem Prozess vorgeworfen, vor der Wahl 2016 Geschäftsunterlagen im Zusammenhang mit der Zahlung an Daniels gefälscht zu haben. Cohen hatte ihr das Schweigegeld gezahlt, um eine Enthüllung über eine mutmaßliche sexuelle Affäre zu verhindern. Trump hat eingeräumt, Cohen das Geld zurückgezahlt zu haben. Er hat die Vorwürfe in dem Prozess – 34 einzelne Anklagepunkte – aber zurückgewiesen und von einem politisch motivierten Verfahren gesprochen.

Cohen ist der wichtigste Zeuge der Anklage. Sein Geständnis, seinen damaligen Chef bestohlen zu haben, könnte seine Glaubwürdigkeit bei den Geschworenen beschädigen. Diese müssen entscheiden, ob Trump im ersten Prozess gegen einen ehemaligen US-Präsidenten schuldig gesprochen werden soll. Die Verteidiger von Trump präsentierten am Montag zudem einen Zeugen, der gegen Cohen aussagte.

Richter lässt Saal räumen

Dabei kam es zum Eklat: Richter Juan Merchan platzte bei der Befragung des Entlastungszeugen Robert Costello der Kragen, weil dieser eine Entscheidung Merchans infrage zu stellen schien. Costello kommentierte Aussagen, bei denen Merchan zuvor den Einspruch der Staatsanwaltschaft zugelassen hatte.

Der Richter belehrte den Zeugen – Costello ist selbst Jurist -, dass dieser in solchen Fällen nicht antworten dürfe. Zu einem stattgegebenen Einspruch sagte Costello dann vernehmlich “Jeesh” – übersetzbar etwa mit “Oh mein Gott”. Merchan ließ die Geschworenen in der Folge aus dem Saal bringen und sagte zu dem Trump-Verbündeten Costello: “Ich möchte in meinem Gerichtssaal über den richtigen Anstand sprechen.” Er verbitte sich Kommentare zu seinen Entscheidungen. Als Costello den Richter dann fortwährend finster anschaute, platzte es aus Merchan hörbar verärgert heraus: “Starren Sie mich nieder?”

Er ließ daraufhin den Saal räumen – mithilfe lauter und schneidender Anweisungen des Personals im Gericht. Journalistinnen und Journalisten sowie Beobachterinnen und Beobachter durften Saal 1530 nach einigen Minuten wieder betreten, die Befragung wurde fortgesetzt.

Costello gab vor Gericht an, Cohen habe ihm 2018 gesagt, dass er keine schmutzigen Informationen über Trump habe. Costello erklärte zudem, Cohen habe ihm mehrmals gesagt, dass Trump nichts von der Zahlung an Daniels wusste.

Prozess dauert nicht mehr lange

Inzwischen neigt sich der Prozess seinem Ende zu: Die Anklage verkündete am Montag nach der Befragung von Cohen, dass sie keine weiteren Personen in den Zeugenstand rufen werde. Trump-Anwalt Todd Blanche zufolge könnte die nun anstehende Befragung von Entlastungszeugen der Verteidigung innerhalb eines Sitzungstages erledigt sein. Danach könnten bereits die Schlussplädoyers folgen.

Richter Merchan nannte als möglichen Termin den Dienstag kommender Woche. Dann würde nur noch die Beratung der zwölf Geschworenen für ein Urteil folgen. Offiziell gibt es für die Beratungen kein Zeitlimit, für gewöhnlich beraten Jurys aber einige Stunden bis mehrere Tage. Bei einem Schuldspruch würde Richter Merchan das Strafmaß festlegen. Trump droht eine mehrjährige Freiheitsstrafe, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, oder eine Geldstrafe.



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