Woher kommt das Geld? Knapp 35 000 Euro, in bar? Diese Frage steht im Zentrum der Ermittlungen gegen den AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron, und sie ist auch der Grund für Durchsuchungen im Bundestagsbüro des Politikers am Donnerstag. Schon seit Ende März stellen sich ohnehin viele Fragen rund um den Abgeordneten Bystron. Seitdem nämlich steht der Verdacht im Raum, dass die Nummer zwei auf der AfD-Kandidatenliste für die Europawahl im Juni Teil einer russischen Einflussoperation sein könnte.

Jetzt geht die Generalstaatsanwaltschaft München allem Anschein nach verdächtigen Geldflüssen nach – Bargeldtransfers, die nach Ansicht der Ermittler womöglich in Russland ihren Anfang genommen haben könnten. Sie ermitteln wegen des Verdachts der Geldwäsche und der Bestechlichkeit gegen den Abgeordneten. Es geht nach Informationen der Süddeutschen Zeitung um insgesamt knapp 35 000 Euro. Die soll Bystron Mitte März im Abstand von drei Tagen in einer kleineren und einer größeren Tranche auf ein Bankkonto der Lendvay GmbH bei der Targo Bank eingezahlt haben, laut Geschäftszweck eine Schuhfirma, die Bystron gehört und über die zuerst der Spiegel berichtet hatte.

Eine Geldsumme soll in bar eingezahlt und am selben Tag wieder abgehoben worden sein

Mit der zweiten Einzahlung hat Bystron bei der Bank offenbar eine Meldung auf Geldwäscheverdacht ausgelöst, wie das bei Bareinzahlungen über mehr als 10 000 Euro nun mal vorgesehen ist. Nach der zweiten Einzahlung soll Bystron das Geld am selben Märztag in 200-Euro-Scheinen wieder abgehoben haben.

Zufall oder nicht – laut einem Spiegel-Bericht geht der tschechische Geheimdienst BIS davon aus, dass sich Bystron kurz vorher, Mitte Februar, in Prag mit dem Geschäftsmann Artem Martschewskyi getroffen hat, laut westlichen Ermittlern Kopf des russischen Propagandaportals Voice of Europe, das die EU neben drei weiteren russischen Medien just am Freitag gesperrt hat. Voice of Europe soll das Instrument für die mutmaßliche Einflussoperation aus Moskau gewesen sein. Bei dem Treffen im Februar soll der BIS eine gemeinsame Autofahrt von Bystron und Martschewskyi dokumentiert haben. Der Geheimdienst soll Tonaufnahmen davon besitzen, wie Bystron im Auto Geld bekommt und es zählt. Bystron hat jede Geldannahme bestritten.

Der Verfassungsschutz hat nach Informationen aus Sicherheitskreisen immer noch keine Originalmitschnitte von den tschechischen Kollegen bekommen, aber immerhin eine schriftliche Analyse des Materials. Die aber durfte der Verfassungsschutz ohne Zustimmung der Tschechen nicht an die Staatsanwälte in München weitergeben.

Die Vorwürfe seien “an den Haaren herbeigezogen”, sagt Bystron

Diese verfolgen daher ihre eigene Spur. Den Fahndern soll bislang jedenfalls kein schlüssiger Hinweis dazu vorliegen, aus welcher unverdächtigen Quelle die knapp 35 000 Euro stammen könnten, die Bystron auf sein Geschäftskonto eingezahlt und direkt wieder abgehoben haben soll.

Der Süddeutschen Zeitung sagte Bystron, er habe einfach nur Bargeld, das er in Reserve gehabt habe, in größere Scheine umtauschen wollen. In einem Video auf Telegram hatte er am Donnerstag noch gesagt, die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft seien “an den Haaren herbeigezogen”. Treffen mit dem Geschäftsmann Martschewskyi hatte er vor Wochen bereits bestätigt, Bargeldübergaben aus dem Umfeld von Voice of Europe aber abgestritten. Die Bundessprecher der AfD Alice Weidel und Tino Chrupalla haben Bystron aufgefordert, auf weitere Auftritte im Europawahlkampf zu verzichten, bis die Vorwürfe geklärt seien, berichtete am Freitagabend das ZDF.

Auch seine Immunität wurde aufgehoben: Hannes Gnauck, AfD-Bundestagsabgeordneter und Bundesvorsitzende der “Jungen Alternative”. (Foto: Fabian Sommer/dpa)

Am Donnerstag wurde auch die Immunität von Bystrons Fraktionskollegen Hannes Gnauck aufgehoben. Nach dessen eigenen Angaben geht es um ein Disziplinarverfahren aus seiner Zeit als aktiver Bundeswehrsoldat. 2021 war bekannt geworden, dass der Militärische Abschirmdienst Gnauck als Extremisten eingestuft hat. Zwei Jahre lang führte die Bundeswehr Vorermittlungen zu einem gerichtlichen Disziplinarverfahren, wie der heutige Bundesvorsitzende der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative selbst einmal sagte. Weiter kam es jedoch nicht. 2021 wurde Gnauck in den Bundestag gewählt und schied damit aus der Truppe aus, bevor man ihn hätte entfernen können. Gnauck antwortete zunächst nicht auf eine Anfrage.



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