Mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter in nicht einmal 24 Stunden – diese
Mengen hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) an vielen
Messstellen im Saarland registriert. Die Flüsse und die Infrastruktur
seien für den Regen nicht ausgerichtet, sagte eine Meteorologin
des DWD.  Zum Vergleich: Im gesamten Monat April waren im Saarland rund
74 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen worden.

Die saarländische Landesregierung hat in der Nacht erste Schritte für finanzielle Hilfen nach den Überschwemmungen eingeleitet. “Viele Saarländerinnen und Saarländer bangen um ihre vier Wände und ihr Hab und Gut oder haben bereits starke Schäden zu beklagen”, sagte Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD). “Damit keine Zeit verloren geht, hat die Landesregierung kurzfristig Beschlüsse gefasst, durch die Hilfe bereitsteht, um entstandene Schäden zu beheben.” Die Unwetterlage dauert noch an, daher könne derzeit niemand konkrete Summen nennen. 

Das Innenministerium sprach von einer “flächigen Hochwasserlage”, wobei
der Schwerpunkt auf dem südöstlichen Landesteil liege. Betroffen seien
vor allem der Kreis Neunkirchen, der Saarpfalz-Kreis und der
Regionalverband Saarbrücken, teilte der Sprecher des Ministeriums am
Abend mit. Von Verletzten war zunächst nichts bekannt. 

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe warnte vor extremer Gefahr für Anwohner nach einem Dammbruch in
der saarländischen Gemeinde Quierschied. Nach Angaben der Bild-Zeitung brach dort ein Schutzdamm an einem Kohlekraftwerk, die Folgen seien bislang unklar.

Evakuierungen in Saarbrücken und Schoden

Der Starkregen sorgte im gesamten Saarland für überflutete
Straßen, vollgelaufene Keller und Erdrutsche. In mehreren Gemeinden fiel der Strom aus. Die Stadt Saarbrücken rief wegen anhaltenden Dauerregens eine Großschadenslage aus. Die Stadt verwies auf eine Unwetterwarnung des DWD, wonach durch gewaltige Überflutungen und hohe Pegelstände Gefahr für Leib und Leben bestehe. Es sei möglich, dass Gebiete unpassierbar oder von Wassermassen eingeschlossen werden.

Am Nachmittag mussten mehrere Gebäude in Saarbrücken nach Angaben der Stadt evakuiert werden. Als Ausweichunterkünfte wurden mehrere Schulen geöffnet. Der Zoo, alle Rasensportplätze, ein Kinderspielplatz und der Zugang zum über die Ufer getretenen Burbacher Waldweiher wurden gesperrt. Aufgrund des Hochwassers musste auch die Stadtautobahn A620 gesperrt werden.

“Es regnet überall, landesweit”

Im Kreis Trier-Saarburg mussten wegen Überflutungsgefahr rund 220 Menschen in Schoden an der Saar
vorsorglich ihre Häuser verlassen. Wie die
Kreisverwaltung am Abend mitteilte, sollen die Anwohner zunächst
in einer Turnhalle in Saarburg untergebracht werden. Der Wasserstand der
Saar war zuvor wegen des Dauerregens so stark gestiegen, dass eine
Überflutung des Uferdamms befürchtet wurde. Mit Sandsäcken wollten
Helfer versuchen, den Damm zu stabilisieren. In Völklingen sind am späten Abend wegen des anhaltenden Regens Straßenzüge vom Stromnetz genommen worden. Die Trinkwasserversorgung sei aber gesichert, teilte die Stadt mit. In Ottweiler steht die gesamte Altstadt unter Wasser. 

Ähnliche Situationen gab es auch andernorts: “Wir haben überall
Evakuierungen”, sagte ein Sprecher des Lagezentrums in Saarbrücken. “Es
regnet überall, landesweit.” Die Bevölkerung wurde aufgerufen, den
Aufenthalt im Freien unbedingt zu vermeiden und überflutete oder
gefährdete Abschnitte von Verkehrswegen zu meiden.

Hunderte Rettungskräfte der Feuerwehr waren im Einsatz, wegen vollgelaufener Keller, umgefallener Bäume und überfluteter Fahrbahnen. Nach Angaben des Bahnunternehmens Vlexx war auch der Zugverkehr im Saarland stark eingeschränkt.

Scholz will Hochwassergebiet besuchen

Bundeskanzler Olaf Schoz (SPD) sagte wegen des Hochwassers einen für den Samstag geplanten Wahlkampfauftritt ab. Laut dem saarländischen Regierungssprecher Julian Lange will sich Scholz stattdessen mit Ministerpräsidentin Rehlinger ein Bild von der Lage vor Ort machen. Rehlinger und Saarlands Innenminister Reinhold Jost (SPD) wollen die Lage in Russhütte in Saarbrücken begutachten. In einer Schalte am späten Freitagabend stellte der Ministerrat ein sogenanntes Elementarereignis von überörtlicher Bedeutung fest. Damit können laut Staatskanzlei Hilfen des Landes fließen. Zudem könnten Kommunen wegen der außergewöhnlichen Notsituation von Regelungen des Haushaltsausgleichs abweichen. “Landesregierung und Kommunen stehen zusammen”, sagte Jost. 

Verletzte oder Vermisste gebe es bislang nicht.
Das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz in Saarbrücken teilte mit,
es handle sich um ein Hochwasser, wie es alle 20 bis 50 Jahre
stattfinde.

Dem DWD zufolge drohen Hochwasser und Überschwemmungen teils
bis zum frühen Samstag. Dabei gilt im Saarland sowie dem Süden von
Rheinland-Pfalz die höchste Warnstufe. In dem Bundesland seien
Wasserstände möglich, die statistisch alle 100 Jahre vorkommen, teilte die Hochwasservorhersagezentrale in Rheinland-Pfalz mit.

In Baden-Württemberg und Bayern hatte das Unwetter bereits am Donnerstagabend für Unfälle mit mehreren Verletzten gesorgt. Am Freitag gab es in Baden-Württemberg örtlich Dauerregen und teils kräftige Gewitter.



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