Niendorf. Im Niendorf gleich hinter Groß Stieten, nur wenige Autominuten von Wismar entfernt, hat das Paradies eine Außenstelle. Eigentlich ist es „nur“ die Außenstelle des Standesamtes Bad Kleinen – aber wer Törtchen und Landidylle liebt, findet am alten Gutshaus sein Paradies.

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Es ist Sonntag, kurz vor 14 Uhr. Konditormeister Marcus Thannhäuser öffnet sein Gartencafé, wie jeden Sonntag in der Saison. Die ersten Gäste kommen, genießen Atmosphäre und Auszeit und staunen über die kunstvollen Törtchen in der Auslage.

„Niendorfer Schneeball“: saure Creme im Baisermantel

„Das ist unsere Spezialität, der Niendorfer Schneeball“, erzählt er und beschreibt seine Lemon-Curd, eine erfrischend saure Puddingcreme im Baisermantel. Es gibt auch Schokotörtchen, welche mit Erdbeeren und Waldfrucht, beispielsweise. Aber die „Schneebälle“ sind zum Dahinschmelzen. Marcus Thannhäuser schmunzelt, als man sich noch ein zweites Törtchen holt.

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Das Gartencafé ist längst ein Geheimtipp in der Region. Seit drei Jahren sind Marcus Thannhäuser und Christoph Rode-Thannhäuser offiziell Gutshausretter. „Damals war das Haus unbewohnbar“, erzählt Christoph Rode-Thannhäuser: „Kein Wasser, kein Abwasser, kein Strom, keine Heizung.“ Das Dach, die Schwammsanierung und die Balkenköpfe hatten die vorherigen Besitzer neu gemacht. Es gab Decken, durch die man hätte durchfallen können.

Das Haus war trotzdem Liebe auf den zweiten Blick, trotz der Skepsis, wenn ein Konditormeister und ein Versicherungsmitarbeiter als Nichthandwerker so ein Großprojekt übernehmen. 800 Quadratmeter Wohnfläche, 65 Fenster.

Historische Bausubstanz gerettet

Inzwischen wurden die ersten Fenster aufgearbeitet. Die Bestandsfenster aus dem Jahr 1860 bleiben erhalten und wenn möglich, sogar das historische Fensterglas. „Das findet man nicht mehr so oft“, schwärmt Christoph Rode-Thannhäuser.

Gerade wenn so ein Objekt nach dem Zweiten Weltkrieg als Flüchtlingsunterkunft diente und dann zu DDR-Zeiten Schule, Kindergarten, Konsum und Wohnraum war. Der Mecklenburger Architekt Georg Daniel (1829-1913) hat den zweigeschossigen und neunachsigen Backsteinbau mit flachem Walmdach, übergiebeltem Mittelrisalit und der reich verzierten Fassade in den Jahren 1885 bis 1887 erbaut. „Das ist kein Unbekannter!“ Der Architekt hat im 19. Jahrhundert manch eine Dorfkirche, Gutshaus, Herrenhaus oder Schloss entworfen.

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Gäste erleben eine Zeitreise ins Jahr 1860

Die beiden Gutshausretter wollen das 19. Jahrhundert in ihrem Domizil bewahren. Ihr bereits fertiges Hochzeitszimmer wirkt wie eine Zeitreise, schon jetzt kann man sich dort trauen lassen. Auch Familienfeiern sind möglich. Der Wohnbereich des Ehepaares ist fertig. Gästewohnungen im Stil von 1860 sind geplant, natürlich mit Stromanschluss und moderner Heizung. „Damit die Gäste das Gefühl bekommen, sie wohnen in einem Gutshaus!“, so Christoph Rode-Thannhäuser.

Auf die Frage nach dem Zeitplan bei der Gutshausrettung lacht er. „Es ist fertig, wenn es fertig ist!“ Jeden Sonntag um 15.30 Uhr gibt es Gutshausführungen, das Gartencafé hat jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

Travemünder Künstlerin veredelt alte Dielen

Zu „Kunst offen“ über Pfingsten kommt die „Kunstwerkerin“ Ninette Mathiessen aus Travemünde. Christoph Rode-Thannhäuser kennt sie noch von der gemeinsamen Teilnahme bei der Kochshow „Das perfekte Dinner“ im Fernsehsender Vox im Jahr 2016.

Die „Kunstwerkerin“ Ninette Mathiessen hat aus Dielenreststücken aus Niendorf Neues geschaffen.

Die „Kunstwerkerin“ Ninette Mathiessen hat aus Dielenreststücken aus Niendorf Neues geschaffen.

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Er hatte damals gewonnen und vom Preisgeld ihre Kunst gekauft: „Eigentlich hat sie gewonnen!“ Nun wird das Gutshaus gewinnen. Die Künstlerin hat Reststücke alter Bestandsdielen vom Gutshaus mit Acryl und Blattmetall zu Kunst veredelt. Ein Zehntel des Verkaufserlöses geht in die Gutshausrettung. Am Pfingstsonntag und -montag hat das Café und Gutshaus von 13 bis 18 Uhr geöffnet.

OZ



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