Es ist wieder höchste Zeit für Billy Joel, der am Donnerstag 75 Jahre alt wird. Die Musik hat ihn, ihren schüchternen Liebhaber, nach 17 Jahren Pause zurück, und er die Musik. „Ich versuche den Zauber wiederzufinden / den wir verloren haben“, singt Joel in seinem jüngsten Song „Turn The Lights Back on“, das von einem verblüffenden K.I.-Video begleitet wird, das ihn, das neue Lied singend, in verschiedenen Lebensaltern zeigt.

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Seine letzten runden Geburtstage, der 60. und der 70., waren medial von Nachruf-ähnlichen Verneigungen begleitet, Ehrbezeugungen gegenüber dem Songwriter Joel, der in so ziemlich allen Popgenres zu Hause war, dem die Hits lange Zeit nur so aus der Feder geflossen waren, der dann aber 1993 beschlossen hatte, es bleiben zu lassen mit den Alben (und 2007 fast unbeachtet seinem Katalog noch zwei Songs hinzugefügt hatte). Finito. Ein Frühvollendeter – der aber noch Konzerte gab – das immerhin.

Joel wurde bei den Grammys 2024 abgefeiert

Bei den diesjährigen Grammys, wo Joel den Song vorstellte, wurde der Mann mit dem markanten Kahlkopf frenetisch gefeiert. Das neue Lebenszeichen war eins im Stil der großen, eleganten Joel-Balladen – eins mit „She‘s Always A Woman“, „Just The Way You Are“, „Honesty“. Die Angst, die ihn umgetrieben hatte, dass neue Songs sich nicht mit seinen alten messen könnten, war verflogen.

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Rick Rubin, Elton John und Clive Davis hatten in der Leerphase wiederholt wie vergeblich versucht, das kreative Feuer in Joel neu zu entfachen. Der Hausarzt seiner Familie auf Long Island schaffte es dann – er erwähnte einen „Jungen“, der mit ihm über Musik reden wolle. Joel traf den 37-jährigen Songwriter und Produzenten Freddy Wexler. Und der hatte diesen unfertigen Walzer, den Joel mochte, was er mit „Ich hasse ihn nicht“ ausdrückte. Der entgeisterte Wexler sah den Satz erstmal nicht als das Kompliment, das er war.

Joels Erfolgsserie begann mit einem Pianowalzer

Mit einem Walzer hatte Joel 1973 auch seinen ersten Singlehit gelandet. Im autobiografischen „Piano Man“ erzählte Joel von seiner Zeit als Barmusiker in L. A., den um ihn herum gestrandeten Existenzen und dem „Drink they call loneliness“. „Piano Man“ wurde Joels Spitzname und ist heute sein erfolgreichster Spotify-Song. Wie auch sein Selbstverständnis: „Ich halte mich nicht für einen Sänger“, verriet er jüngst der „New York Times“, „ich bin ein Klavierspieler.“

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Der Mann aus Hicksville, New York, dessen Großeltern väterlicherseits 1938 aus Nazideutschland ausgewandert waren und deren florierendes Versandhaus günstig von Josef Neckermann gekauft worden war, wurde von seiner englischstämmigen Mutter schon als Kind zum Klavierspiel angehalten. Als Erstes war da eine Liebe zur klassischen Musik, in den Teenagerjahren kam die zum Rock‘n‘Roll hinzu.

Joel wurde in einer Zeit groß, als Plattenfirmen noch geduldig waren

Joel spielte in regionalen Bands, dann als Sessionmusiker für den einstigen Twist-König Chubby Checker. Das erste eigene Album, „Cold Spring Harbor“ (1971) verhallte ungehört. Erst das sechste, „52nd Street“ (1978) landete auf Platz 1 (und war dann 1982 Sonys Debüt auf dem jungen CD-Format). Es war die Zeit, als Plattenfirmen noch einen langen Atem hatten und Fehlschläge zuließen.

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Mit Nummer 7, „Glass Houses“ (1980), wurde Joel dann der amerikanische Elton John (mit dem er später tourte), der Popheros, der keiner sein wollte, der Star, der das Glitzerbiz nicht mochte. Der seine eigene Güte am Erfolg maß und an der Sicht der anderen. Würden die Leute es mögen? Würde es ein Hit werden? Die Rückkehr erfolgt nun unter anderen Kriterien. „Wenn er ihnen gefällt – super“, sagt ein abgeklärterer Joel. „Wenn nicht, heißt das nicht, dass er nicht gut ist.“

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Das Songschreiben war Joel in den Neunzigerjahren zur Qual geworden, der Spaß der frühen Jahre war dem viermal verheirateten Vater dreier Töchter verloren gegangen, seine Stimme, die zig Millionen Menschen auf der Welt liebten, war ihm zuwider geworden.

Jetzt ist die Freude am Schöpfungsprozess zurückgekehrt. „Hab ich zu lange gewartet / um die Lichter wieder anzudrehen?“ fragt Joel im Refrain des Songs, der von einer Beziehung handelt, die kaum noch zu retten ist. Und den man natürlich als Joels Beziehung zur Musik deutet. Die monatlichen Madison-Square-Garden-Konzerte will er im Juli beenden. Mit Sting und Stevie Nicks will er danach auf Tour, Und ein Album soll kommen. „Sing us new songs you‘re the piano man!“

Mit 75 ist noch lange nicht Schluss!



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