Kiel. Carsten Henningsen beobachtet mit größtem Interesse, was los ist auf dem Immobilienmarkt in Schleswig-Holstein. Logisch, er ist Makler. Der stellvertretende Chef des Branchenverbandes IVD Nord kennt die Befindlichkeiten von Käufer- und Verkäuferseite in der Stadt und auf dem Land. Im Interview macht er klar: Auf dem lange heißgelaufenen Markt haben sich wieder normale Verhältnisse eingestellt.

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Wie geht es dem schleswig-holsteinischen Immobilienmarkt?

Carsten Henningsen: Nach einer Korrekturphase scheint sich eine Bodenbildung, teilweise sogar eine Erholung abzuzeichnen.

Also sehen Sie wieder steigende Preise?

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Das zu sagen, wäre unseriös. Aber die Korrekturphase scheint beendet. Was hat sich denn vor zwei Jahren geändert? Ist die Ostsee nicht mehr da? Nein. Ist die Lebensqualität in der Region schlechter geworden? Nein. Das, was sich verändert hat, ist, neben der allgemeinen Teuerung, dass sich das Zinsniveau gehoben hat, für zehnjähriges Geld etwa von einem auf 3,5 Prozent.

Was viel ist für eine Finanzierung.

Wir müssen das ganze Bild sehen. Die Preissteigerungen – ich sage bewusst nicht Wertsteigerungen – waren im Grunde nur ein Abbild dieses zu billigen Geldes. Das wirkte wie ein ungesunder Katalysator über Anbieter und Nachfrager: Viele Leute hätten sich „unter normalen Bedingungen“ nicht in der Lage gesehen, ein Haus zu erwerben. Die Zinsen sind über 14 Jahre abgeschmolzen. Das ist auch den Verkäufern nicht verborgen geblieben, die von diesem Umstand verständlicherweise ebenfalls profitieren wollten. Im Zusammenspiel mit der hohen Nachfrage, die auch durch das geschrumpfte Mietangebot befeuert wurde, sind die Preise überproportional gestiegen. So haben wir im Kreis Schleswig-Flensburg 2021 eine Steigerung gesehen, die weit über 20 Prozent lag.

Sind Immobilien jetzt wieder erschwinglich?

Was wir vor der Zinskorrektur gesehen haben, war ja wegen der hohen Preise nur eine gefühlt bessere Erschwinglichkeit. Wenn man jetzt Immobilien betrachtet, bei denen eine Preiskorrektur diesen Unsinn aus 2021 wieder glattgezogen hat, dann kann man in vielen Bereichen feststellen, dass wir etwa wieder auf einem Niveau von 2018 oder 2019 gelandet sind, wo das Verhältnis von Preis und nachhaltigem Wert noch in Balance war.

Immobilienmarkt SH: Relativ neue Häuser auf dem Land werden zum Teil noch immer teurer

Der energetische Zustand spielt heute eine wesentlich größere Rolle für die Preisgestaltung: Ist das ein Nullsummenspiel? Oder gibt es Gewinner und Verlierer?

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Wenn man das am Verkäufer oder am Preisniveau von 2021 misst, dann ist er in gewissem Sinne der Verlierer. Der Markt muss aber differenziert beurteilt werden. Relativ neue Häuser auf dem Land in gutem energetischem Zustand werden teilweise noch immer teurer, auch weil hier das Angebot begrenzt ist. Auch im oberen Preissegment bei besonderen Immobilien sehen wir weiter wachsende Werte. Anders sieht es im Segment „energetisch schlecht, alt und vielleicht auch noch ein bisschen hässlich“ aus – um es mit einem Bild zu beschreiben: das Haus der Großeltern, Kalksandstein von 1973, erstes Dach, alte Ölheizung, grünes Bad, Eiche-Küche – solche Objekte sind 2021 noch für sehr ordentliche Preise verkauft worden.

Warum?

Weil sie die Einstiegsklasse waren und weil das Geld nichts kostete. Gerade junge Leute haben solche Häuser gekauft, nach dem Prinzip „hässlich, aber nützlich“ 100.000 Euro mehr finanziert, das Haus durchsaniert und damit eine zeitgemäße Immobilie geschaffen. Diese Betrachtung funktioniert erst seit einer Preiskorrektur wieder langsam. Die Verkäufer haben ihre Preisvorstellung für diese Objekte bis zu 30 Prozent nach unten korrigiert. Gleichzeitig sind die Zinsen wieder etwas gesunken. Jetzt stellt sich langsam wieder ein einigermaßen normales Verhältnis ein, und diese Objekte werden auch verkauft.

Makler im Interview: Es wird nicht so sein, dass die Preise weiter ins Bodenlose abgleiten

Menschen, die sich den Wunsch vom eigenen Heim erfüllen möchten – sollten die sich tendenziell sputen, oder ist Abwarten auch eine schlaue Strategie?

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Dazu kann man keine generelle Empfehlung geben. Wenn man heute Wohnraumbedarf hat und sich ein Zuhause schaffen will, dann muss man suchen. Und wenn man etwas gefunden hat, sollte man kaufen. Es wird nicht so sein, dass die Preise weiter bis ins Bodenlose abgleiten. Das geht allein deshalb nicht, weil wir ja keinen Wohnraumüberhang haben. Ganz im Gegenteil. Viele Leute stehen nahezu hilflos vor dem Mietwohnungsmarkt und sagen sich: Wenn wir uns langfristig ein vernünftiges Zuhause schaffen wollen, dann können wir auch ein älteres Haus mit Kompromissen kaufen. Dann werden eben auch Dinge, die man 2021 rausgerissen hätte – Stichwort grünes Bad, solide Öl-oder Gasheizung –, noch weitergenutzt.

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In welchen Regionen des Landes sehen Sie am ehesten die Chance auf relativ günstige Angebote?

Der Fokus wird oft auf die Küstenregion gelegt. Ja, in direkter Nähe zur Ostsee zu leben, ist ein großes Stück Lebensqualität. Aber es gibt auch andere ländliche Gegenden, wo es sich sehr gut leben lässt. Ein Beispiel sind die Eiderregion beziehungsweise die Landschaft Stapelholm, etwa in der Mitte zwischen Nord- und Ostsee: viel Natur, schöne, authentische Dörfer und ein deutlich anderes Preisniveau. Wer dort wohnt, muss sicher mehr fahren, aber im Zusammenspiel mit Homeoffice eine echte Alternative.  

Ulrich Metschies

KN



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