Rostock. Nur ein Sieg in den letzten fünf Spielen, drei Zu-null-Niederlagen am Stück, Absturz auf Platz 17 und den Abstieg in die 3. Liga vor Augen: So dramatisch wie in diesen Tagen war die sportliche Situation beim Koggenklub lange nicht mehr. In zweieinhalb Wochen könnte Hansa Rostock wieder Drittligist sein, doch die Vereinsverantwortlichen scheinen trotz des drohenden Abstiegsszenarios die Ruhe wegzuhaben. Keine Emotionen, kein öffentlicher Appell oder Schulterschluss – beim FCH geht es vor dem Heimspiel gegen den Karlsruher SC (4. Mai, 13 Uhr) erstaunlich gelassen zu.
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Sportdirektor Kristian Walter seit Wochen abgetaucht
Sportdirektor Kristian Walter, der den Verein nach dem Saisonende – egal wie es ausgeht – sehr wahrscheinlich verlassen muss, äußert sich seit Wochen nicht zur Hansa-Krise. Auch Klubchef Jürgen Wehlend hält sich öffentlich weitgehend zurück. Vor dem St.-Pauli-Spiel hat er Walter und Mersad Selimbegovic den Rücken gestärkt. Der Aufsichtsrat, der in der Hinrunde Selimbegovic-Vorgänger Alois Schwartz per Brief angezählt hatte, schweigt.
Trainer Selimbegovic ist der Einzige, der sich zwei Mal in der Woche bei Pressekonferenzen stellen und Misserfolge erklären muss. Der Bosnier hat viele Register gezogen, letztlich mit wenig Erfolg. Trotz der schlechten Ergebnisse und der andauernden Torflaute (0:7 in den letzten drei Spielen) wirkt der 42-Jährige fast gelassen.
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Hansas Fans hoffen noch: Fast 26 000 Tickets verkauft
Selimbegovic gelingt es – zumindest nach außen – kaum, für den Endspurt noch mal alles zu mobilisieren, eine Aufbruchstimmung oder Jetzt-erst-recht-Haltung zu erzeugen. Hansas Fans haben die Hoffnung kurz vor Ende der bisher desaströsen Rückrunde noch nicht verloren: Auch gegen den KSC wird das Ostseestadion wieder rappelvoll, bis Donnerstagmorgen waren 25 500 Tickets verkauft.
Selimbegovic-Vorgänger Schwartz setzte vor einem Jahr auf Emotionen, Mentalität und Teamgeist („Das ist Hansa Rostock!“), riss alle mit und verhinderte so den Abstieg. Unvergessen auch Andreas Zachhubers Pressekonferenz im Frühjahr 2009. Mit markigen Worten („Ab sofort heißt es: Kopf hoch, Brust raus, Schluss mit dem Geheule!“) trat er in einer ganz schwierigen Situation als Trainer an, durchbrach die depressive Stimmung im Klub und bewahrte ihn vor dem Abstieg in die 3. Liga.
Lautstark an der Seitenlinie: Hansa-Trainer Mersad Selimbegovic beim Auswärtsspiel gegen St. Pauli.
Quelle: Lutz Bongarts
Aktuell steht Hansa nach 31 Spieltagen noch schlechter da als in der Saison 2008/09 (35 Punkte – am Ende waren es 38) und 2022/23 unter Schwartz (34 – am Ende 41). Die zu Saisonbeginn als Minimalziel angestrebten 40 Zähler sind theoretisch zwar immer noch möglich, doch dafür müsste die Selimbegovic-Elf die drei noch ausstehenden Spiele gegen Karlsruhe, Schalke und Paderborn allesamt gewinnen. „Wenn du nicht punktest, kannst du nicht darauf hoffen, dass alle anderen auch nicht punkten. Du musst deine Aufgaben lösen.“ Der Trainer weiß, dass Hansa nicht etwa auf die Schwäche der Konkurrenz bauen darf.
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Nach Hinspiel im Dezember war Hansa mit Karlsruhe punktgleich
Hansas besorgniserregender Trend wird umso deutlicher, wenn man ihn mit dem des KSC vergleicht. Nach dem Hinspiel im Dezember in Karlsruhe (2:2) waren beide Teams punktgleich (je 17), mittlerweile liegen satte 18 Zähler zwischen dem Fünften und dem Vorletzten. „Es ist ein bisschen unter dem Radar, was Christian Eichner in Karlsruhe macht. Das ist eine gute Mannschaft, die richtig guten Fußball spielt“, lobt Selimbegovic die Arbeit des Kollegen. In der Rückrunde war nur St. Pauli erfolgreicher als die Badener.
„Es wäre nicht schlecht, wenn du in so einem Spiel mal in Führung gehst. Du musst dir Chancen erzwingen, egal wie“, sagt der Hansa-Trainer: „Du musst daran glauben, weiter hart arbeiten und dann wird es auch klappen. Es muss klappen.“
OZ