Seit zwei Wochen steht der TV-Poker still. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat die milliardenschwere Auktion der Medienrechte für die Bundesliga gestoppt. Das gab es noch nie zuvor. Grund dafür ist ein Eklat rund um das Gebot des Streamingdienstes DAZN, in dem sich die Fronten mittlerweile immer weiter verhärtet haben. Welche Vorwürfe stehen im Raum – und vor allem: wie geht es weiter? Der Sportbuzzer, das Sportportal des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND), klärt auf.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Was ist vorgefallen?

Die DFL hat die Milliarden-Ausschreibung für den vierjährigen Zyklus ab der Saison 2025/2026 am 15. April gestartet, Ende April wurde das Ergebnis erwartet. Gerade der Verkauf der lukrativen Pay-TV-Rechte steht dabei im Fokus. Sie machen den Großteil der Erlöse von aktuell 1,1 Milliarden Euro pro Jahr aus. Der Verkauf des attraktivsten Pakets B, das ab der übernächsten Saison neben den Einzelspielen am Samstag um 15.30 Uhr auch die Freitagspartien beinhaltet, wurde zum Zankapfel. In einem Brandbrief an die DFL-Bosse Steffen Merkel und Marc Lenz, der auch an die 36 Erst- und Zweitligisten ging, spricht der Streaminganbieter von Ungleichbehandlung. Daraufhin wurde der Vergabeprozess gestoppt – ein beispielloser Vorgang.

Der Streit um die TV-Rechte für die Bundesliga gerät immer wieder ins Stocken.

Der Bundesliga droht die nächste Milliarden-Katastrophe

Die Ausschreibung für die TV-Rechte der Bundesliga wurde von der DFL gestoppt. Es kam zu einem Eklat mit DAZN – die Auswirkungen sind bislang nur zu erahnen. Die DFL steuert auf eine wirtschaftliche Katastrophe zu, meint Roman Gerth.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Was sagt DAZN?

Nach eigenen Angaben wurde „das finanziell attraktivste und überzeugendste Angebot“ für Paket B abgegeben, heißt es von DAZN. Die Vergabekriterien der Auktion sehen vor, dass ein Paket an denjenigen geht, dessen (der Ausschreibung konforme) Offerte oberhalb des DFL-Mindestpreises und 20 Prozent über der des Zweitbietenden liegt. Laut Sportbuzzer-Informationen bot DAZN etwa 400 Millionen Euro pro Jahr für Paket B – und lag damit 20 Prozent über Sky. Über die gesamte Rechteperiode wären das 300 Millionen Euro mehr als vom Pay-TV-Anbieter. Damit habe die DFL dies „unzulässigerweise Weise an den von ihr bevorzugten Bieter (…) vergeben und die Mitgliederklubs um ihren Anteil an den zusätzlichen Einnahmen aus dem DAZN-Angebot“ gebracht. Grund dafür war die Forderung für eine „ganz konkrete Bankgarantie“, die „innerhalb von 24 Stunden“ bereitgestellt werden sollte – dies sei „eine unmögliche Aufgabe“ gewesen. Obwohl DAZN die geforderte Sicherheit nachreichte, blieb die DFL bei ihrer Entscheidung, das Paket an Sky zu vergeben.

Aus Sicht der Streamingplattform habe die Liga die Forderung nach einer Bankbürgschaft überraschend und in der zu kurzen 24-Stunden-Frist angefordert. Am Mittwoch bestätigte ein DAZN-Unternehmenssprecher der Deutschen Presse-Agentur, dass der Sender wie angekündigt ein Schiedsgericht einschaltet – wie es im Rahmen der Auktionsbedingungen vorgesehen ist. Doch mehr noch: Wie der Sportbuzzer weiß, werde sich der Konzern auch aus der gesamten Ausschreibung zurückziehen und für kein anderes Paket bieten, wenn man die Freitags- und Samstagsspiele nicht erhält.

Was entgegnet die DFL?

Die Liga-Bosse widersprechen DAZN vehement. Der Medienpartner der Liga „stellt sowohl in seinen jüngsten Schreiben an die DFL als auch in öffentlichen Stellungnahmen erneut Tatsachen bewusst falsch dar, nimmt Verkürzungen vor und versucht, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen“, heißt es von der DFL-Geschäftsführung in einem Rundschreiben. Tatsächlich ist in den Auktionsunterlagen geregelt, dass eine Bankbürgschaft bei Bedarf vorzulegen ist – gerade bei hohen Geboten wie im Fall von DAZN, bei dem es sich um eine hohe dreistellige Millionensumme handeln dürfte. Diese Art der Sicherheit musste seitens des Streaminganbieters für die aktuelle Rechteperiode aber nicht geleistet werden. Da reichte eine „harte Patronatserklärung“ von Access Industries, dem Mehrheitseigner des Unternehmens, der dem Multi-Milliardär Len Blavatnik gehört.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

„Es soll offenbar der Eindruck erweckt werden, die DFL habe ein deutlich lukrativeres Angebot ohne Grund und entgegen jeder wirtschaftlichen Vernunft abgelehnt. Diese abstruse Behauptung entbehrt jeder Grundlage“, heißt es von der DFL. Sie bringt als Begründung vor, dass DAZN im aktuellen Rechtezyklus mehrfach Zahlungsrückstände aufwies. So verkündete die Liga jüngst auch, dass in zwei Monaten weniger TV-Geld als geplant an die 36 Profiklubs ausgeschüttet wird. „Die Auskehrungsrate Juni 2024 wird von ursprünglich 127 Mio. Euro auf 47 Mio. Euro gekürzt“, heißt es in einem DFL-Schreiben an die Erst- und Zweitligisten, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Wie hoch der Anteil dieser Summe von DAZN ist und welche anderen TV-Partner ebenfalls um Aufschiebung von Zahlungen gebeten haben, ist unklar.

Geschäftsführer-Duo der DFL: Marc Lenz (l.) und Steffen Merkel

Geschäftsführer-Duo der DFL: Marc Lenz (l.) und Steffen Merkel

Wie geht es weiter?

Die Fronten sind verhärtet. Auf die DFL-Schreiben ließ DAZN erneut eine Reaktion folgen. Im Brief an die Klubs, der dem Sportbuzzer vorliegt, betont der Streamingdienst, den „Verleumdungen vehement widersprechen“ zu wollen. Weiter heißt es, dass „die Glaubwürdigkeit von DAZN als vertrauenswürdigem Geschäftspartner durch das Verhalten sowie die Äußerungen der DFL-Geschäftsführung in den vergangenen zwei Wochen massiv diskreditiert“ worden sei. Jetzt schaltet der Sender also das Schiedsgericht ein. Wie es dort weitergeht, ist völlig offen.

DAZN werde auch weitere Instanzen beschreiten, sollte die Entscheidung nicht zu seinen Gunsten ausfallen, „ggf. unter Einbeziehung des Europäischen Gerichtshofs“. Mark E. Orth, Experte für Kartellrecht, sagte dem Sportbuzzer dazu: „Auch eine Entscheidung des Schiedsgerichts kann man im Nachgang vor staatlichen Gerichten überprüfen lassen.“ Zunächst einmal aber werden für das Schiedsgerichtsverfahren pro Streitpartei ein Schiedsrichter sowie ein Vorsitzender benannt. Brancheninsider rechnen erst Ende Juni mit ersten Ergebnissen.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Was bedeutet das für die Bundesliga?

Der Zoff ist eine große Gefahr für die Fortsetzung des TV-Pokers. Es geht um Milliarden – und den lukrativsten Deal für die Bundesliga: Mehr als ein Drittel der Gesamterlöse stammen vom Medienrechte-Vertrag. Die deutschen Profiklubs könnten wirtschaftlich erheblich in Gefahr geraten, gerade nach dem verpatzten Investorenprozess. Ein Branchenkenner, der lange selbst aktiver Teil bei der Vergabe von Bundesliga-Medienrechten gewesen ist, bezeichnet den Stopp der Auktion im Gespräch mit dem Sportbuzzer als „Riesen-Eklat“ und befürchtet, dass sich potenziell interessierte US-Konzerne wie Amazon oder Apple dadurch, auch in Zukunft, abschrecken lassen.

Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen DAZN und der DFL als Geschäftspartner scheint zunehmend schwierig. Sollte sich der aktuelle Medienpartner (überträgt die Freitags- und Sonntagsspiele bis zum Ende der kommenden Saison) aus der jetzigen Auktion zurückziehen, bliebe vor allem Sky als Bieter für die restlichen Pakete übrig. Offen ist, ob tatsächlich alle Rechte an den Pay-TV-Sender gehen. Das ist nach dem Wegfall des Alleinerwerbsverbot, auch bekannt als „No-Single-Buyer-Rule“, möglich. In jedem Fall wird die anvisierte Erlösschwelle von erneut 1,1 Milliarden Euro ohne echten Bieterkampf kaum zu erreichen sein.



Source link www.kn-online.de