Berchtesgaden – Wandern mit tierischer Begleitung: Was ein entspannter Ausflug in die Berge bei Berchtesgaden sein sollte, hat sich zur Horrorreise für den Hund Rudi entpuppt. Beim Gassigehen von irgendetwas aufgeschreckt, ergriff der Mischling panisch die Flucht. 27 lange Tage hat niemand gewusst, wo er ist – und ob er überhaupt noch lebt.
Es folgte eine großangelegte Suche, die in den Sozialen Medien hohe Wellen schlug. Mit Erfolg: Rudi ist gefunden worden! Seine Besitzerin, die anonym bleiben möchte, kann endlich wieder aufatmen. “Die Freude ist groß”, sagt sie. Fünfeinhalb Stunden Fahrt hat sie abermals auf sich genommen, um ihren geliebten Hund endlich wiederzusehen. Wiederholt war sie im vergangenen Monat nach Berchtesgaden gefahren, um nach ihm zu suchen.
“Rudi ist ein Angsthund”, sagt die Besitzerin
Die lange Zeit, die er auf sich allein gestellt war, sieht man Rudi auch an: Er ist so abgemagert, dass sogar seine Rippen sichtbar sind. Für den Hund (ca. 3 Jahre alt), der ursprünglich aus Rumänien stammt, müssen es strapaziöse Wochen gewesen sein. Besonders weil er ein “Angsthund” ist, wie die Besitzerin sagt. Das ist zugleich der Grund, wie es zur Odyssee gekommen ist.
Alles fing damit an, dass wegen einer Urlaubsreise ihre beste Freundin auf Rudi aufpassen sollte. Diese nahm den Hund zum Wandern am Grünstein mit. Doch das Tier büxte aus – ohne einen offensichtlichen Auslöser. “Die Nachricht, er sei verschwunden, war für mich ein Schock”, erinnert sich die Besitzerin. Rudi benötigt besondere Aufmerksamkeit, denn als Angsthund reagiert er in gewissen Situationen anders als ein gewöhnlicher Hund. “Irgendwas muss Rudi am Grünstein getriggert haben, wir wissen aber nicht, was es war”, sagt sein Frauchen. Der Auslöser könnte alles mögliche sein: Geräusche, Bewegungen oder unbekannte Objekte. Angsthunde ergreifen deshalb die Flucht.
Erste Sichtung von Rudi auf Wanderweg am Königssee
Sechs Tage lang gab es zunächst keine einzige Spur vom Hund. Das große Problem: “Rudis GPS-Tracker, den er eigentlich mit sich führte, reagierte nicht”, sagt die Besitzerin. Über Social Media teilten Menschen jedoch hundertfach die Nachricht, nach Rudi Ausschau zu halten. “So viele Menschen haben mitgemacht, um Rudi wiederzufinden”, sagt die Besitzerin dankbar. Und so ließen sich tatsächlich die ersten Hinweise auf Rudi entdecken: Auf einem Wanderweg in der Nähe der Kunsteisbahn am Königssee wurde das Tier das erste Mal fotografiert. Einen Tag später gab es bereits Sichtmeldungen aus Berchtesgaden.
Viele Kilometer muss Rudi zu dieser Zeit bereits unterwegs gewesen sein. Die Spur verlor sich allerdings. “Das Problem ist, dass ein Angsthund nicht einfach reagiert, wenn man ihn ruft”, sagt die Besitzerin. Hund Rudi hatte mittlerweile die Grenze nach Österreich überquert. Immer wieder gab es Beobachtungen. Inzwischen hatte sich ein ganzes Team aus Helfern und professionellen Tierrettern gebildet, auf deutscher und österreichischer Seite. Einfangversuche von Privatpersonen scheiterten. Die Tierretterin Sabrina Augenstein warnte über Social Media, diese könnten Rudi noch mehr stressen: “Wir wissen, dass es nur gut gemeint ist, aber das hilft uns und auch Rudi nicht. Er ist sehr scheu.”
Rudi ist seinem Frauchen knapp entwischt
In Puch bei Hallein an der Autobahn wurde Rudi sogar einmal von der Besitzerin selbst gesichtet, als sie zu diesem Zeitpunkt nach Berchtesgaden und weiter nach Österreich gefahren war. “Ich habe ihn gerufen, aber ohne Erfolg”, erzählt sie. Er sei dann auf die Autobahn gelaufen, kurz darauf aber wieder verschwunden. Die Retter befürchteten, dass Rudi dort womöglich totgefahren werde. Und sorgten sich um seine schwindenden Kräfte. Doch er wurde rechtzeitig gefunden: mitten im Herzen von Salzburg auf einer gesperrten Ebene in der Altstadtgarage. Dorthin hatte er sich verzogen, lag zusammengekauert und kraftlos auf dem Boden. Wie lange schon, weiß niemand.
“Ich bin dann sofort nach Berchtesgaden gefahren”, sagt das Frauchen. Tierretterin Sabrina Augenstein kümmerte sich um den Hund. “Er ist sehr schwach, aber ein großer Kämpfer”, schreibt sie auf Facebook. Stationär musste Rudi nicht aufgenommen werden, sagt die Besitzerin. Es sei wichtig, dass er nun vor allem Ruhe und ein vertrautes Umfeld habe: “Er isst und trinkt wieder”, freut sie sich. Rudi könne auch schon wieder laufen. “Ich hoffe, dass seine Organe nicht darunter gelitten haben.” Dass Rudi nach fast einem Monat wieder da ist, nach strapaziöser Reise und großer Suche, ist für sie das größte Geschenk, ein Happy End.