283 Millionen Follower hat Taylor Swift auf Instagram, 53 Prozent der Amerikaner lieben ihre Musik, in Deutschland ist Swifts neues Album „The Tortured Poets Department“ sofort auf Platz 1 geschossen (wie auch in Großbritannien und todsicher ab Dienstag in den Billboard 200 der USA, wo es dann schon ihre 14. Nummer Eins wäre).

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Zuhause hat sie schon in den ersten drei Tagen 1,5 Millionen Exemplare verkauft, in England ist sie bei den Nummer-Eins-Alben gleichauf mit Madonna und Bruce Springsteen (12) gezogen (die Beatles haben dort 16, die Stones und Robbie Williams je 14 und Elvis 13). Vorstoß in die Reihen der mythischen Rock‘n‘Roll-Royals, von einer möglichen Swift-Übersättigung der Massen, von der die die „New York Times“ am Montag sprach, ist jedenfalls nichts zu spüren.

Wer sich außen vor fühlt – hier geht‘s lang!

Und Sie gehören noch immer zu den Non-Swifties, die die 34-jährige Sängerin und Songwriterin Taylor Swift bislang eher für ein in die Dreißiger gekommenes Teeniephänomen hielten, oder ihr lange gleichgültig gegenüberstanden, die kaum einen Song kennen und sich über den ganzen Rezensionsjubel für ihr neues Album „The Tortured Poets Department“ ebenso wundern wie über die Easter-Egg-Jagden der Fans in Swifts neuen Texten? Sie fühlen sich inzwischen irgendwie außen vor, oder? Sie wünschen Teilhabe, wissen aber nicht, wo anfangen?

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Hier sind zehn Songs aus Swifts Werk vor „The Tortured Poets Department“, mit denen auch Sie zum Swiftie werden können. Obzwar die Sängerin in ihrem „Eras-Tour“-Film (streambar bei Disney+) erklärt, dass alle Songs ihren Ausgangspunkt in ihrem Leben haben – kann man sie auch auf sein eigenes Dasein und/oder seine Erfahrungen legen, ganz unabhängig von Lebensalter oder Geschlecht. Pop, der euphorisch, nachdenklich, traurig und durchaus auch zornig ist, und der sich aus vielen Sounds speist. Pop zum Mögen. Kommen auch Sie in den Swift-Drift!

„Love Story“ – Ein Happy-go-lucky-Song mit starkem Countrydrall über eine verbotene Liebe, die eine Weile so abläuft wie Shakespeares „Romeo und Julia“. In dem Lied, bei dessen Veröffentlichung Swift 19 Jahre alt war, haben die Protagonisten auch die Decknamen der Dramenfiguren und Julias Vater hält Romeo für nicht standesgemäß für die Tochter.

„Hab keine Angst, wir kommen aus dem Schlamassel raus“, singt die Heldin und dreht die Geschichte zu einem wunderbar gefühligen Happy-End. Aber den melancholischen Swift-Touch hat auch dieser frühe Song, der in der Zeile „Is this in my head?“ steckt. Ist alle Erfüllung nur in der Vorstellung? Ein Traum? Ein Stück vom Album „Fearless“ (2008).

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

„Enchanted“ – Und noch ein schwelgerisches Liebesmärchen von Taylor Swift. „Enchanted“ ist Swifts Cinderella-Song. Akustikgitarre wie ein Uhrticken, dahinter eine Keyboardfläche. Und Swift singt von einer verzauberten Nacht, in der sie ihrem Prinzen (ohne Krone, ohne Schloss, aber voll verzaubert) begegnet und früh wieder vom Fest verschwindet (bevor das Funkeln der Nacht aufhört und sich die goldene Kutsche wieder in einen Kürbis zurück verwandelt).

Eine glitzernde Countryballade vom dritten Album „Speak Now“ (2010) mit dem anrührenden Backfischschluss: „Bitte, sei nicht in jemand anderen verliebt, bitte hab‘ niemanden, der auf dich wartet.“ Kennt jeder irgendwie, je nach Alter – von itzo oder von früher, oder?

„Fearless“ – Es gibt keine Dunkelheit am Ende des „one horse town“, Bruce Springsteen! Jedenfalls möchte man das beim Hören dieses Swift-Songs glauben. Wenn man zu zweit ist, verzaubert der Regen selbst den Asphalt der Straße, der Blick des Geliebten macht einen zur stärksten Frau der Welt.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

„Mit dir würde ich in meinem besten Kleid durch einen Sturm tanzen“ singt Noch-Teenie Swift im Titelsong ihres zweiten Albums über die Allgewalt der Liebe, wenn diese mit dem ersten Kuss ihre gewaltigen Flügel über einem ausgebreitet hat, und man „nicht weiß, wie es jemals besser werden kann als gerade“. Kitsch? Das Banjo plinkert, ein Lied wie ein Polaroid, das einen ganzen Tag für immer einfängt.

„Long live“ – Ein in Country wurzelnder Song über die unglaubliche Euphorie des Jungseins, die „glory days“ der High-School-Zeiten, die erste Liebe („Wir sind die Könige und Königinnen / du hast deine Baseballcap wie eine Krone getragen“). Hymnisch und zum Mitsingen, gewidmet ihrer Band und ihren Fans, springt aber auf alle über und ruft die triumphalsten Augenblicke der eigenen Jugend zurück.

Die Protagonistin wünscht am Ende, dass, falls das Glück mit dem „you“ nicht ewig hält, der Geliebte doch eines Tages seinen Kindern, wenn sie fragen, wer das auf den Bildern sei, ihren Namen nennen möge. Großer Seufzer. Zeitlos jung und der krönende Abschlusssong von „Speak Now“.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

„Miss Americana & The Heartbreak Prince“ – „Die amerikanische Glorie verblasste vor meiner Zeit“ singt Swift in der Synthpop-Ballade, die eine Art dunkles Gegenstück zu „Long live“ ist. „Miss Americana …“ war der erste „politische“ Song Swifts, den sie unter dem Eindruck des vergifteten Klimas in Amerika bei den Midterms 2018 schrieb – ein „Small town“-Song im Electrosound, textlich nahe an Bruce Springsteen oder John Mellencamp.

Swift berichtet darin von einem Amerika, dessen große Highschool-Versprechen den Protagonisten inzwischen als lächerlich erscheinen, weil sie von der politischen Realität entzaubert werden („amerikanische Geschichten brennen vor mir nieder“). „Blau anmalen“ will die traurige Protagonistin ihre Stadt – Hinweis auf die Farbe der Demokratischen Partei? Das großartige Amerika Trumps konnte sie jedenfalls nicht erkennen, nur Leerstellen: „Wo sind die weisen Männer? Ich habe Angst, Liebling!“ Stammt vom Album „Lover“ (2019) und eröffnete als Exzerpt die Konzerte der „Eras“-Tour.

„Marjorie“ – „Was gestorben ist, ist nicht tot geblieben, (denn) du lebst, du lebst in meinem Kopf.“ Ein murmelndes Folkstück mit Synthgrundierung vom Album „Evermore“ (2020), in dem Swift mit Trauerflor in der Stimme an ihre Großmutter (mütterlicherseits) erinnert, die 2003 verstorbene Opernsängerin Marjorie Finlay (deren Sopran auch im Hintergrund erklingt).

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Eins der schönsten und traurigsten Lieder über das Vermissen und den Konjunktiv der Trauer rollt ab, darüber was man alles gern getan hätte, jetzt, wo nichts mehr getan werden kann außer Erinnerungen wachzurufen („Ich hätte dir Fragen stellen sollen / ich hätte dich fragen sollen, wie ich sein soll“). Berührt (fast) jeden. Das Entertainmentmagazin „Variety“ schrieb, dass der Song „die Augen nur in Häusern trocken lassen wird, in denen man noch nie auf den Tod getroffen ist“.

„All Too Well“ – War schon im Original auf dem Album „Red“ (2012) mit 5,29 Minuten ein langer Swift-Song, erst recht in der 2019 im Zuge der Taylor‘s-Versions-Rerecordings neu eingespielten Zehnminutenversion. Swift erzählt von einer unglücklich ausgegangenen Lange-her-Beziehung und nimmt als Dreh- und Angelpunkt ihrer Geschichte einen bei der Schwester des Lovers vergessenen Schal, der bis heute in seiner Schublade liegt.

Dann folgt in einem Song, der von den Harmonien her auch von U2 stammen könnte, die musikalische Novelle von Aufstieg und Niedergang einer Herzenssache – wie alles gut war, es aber nicht blieb. Wie er ihr die Autoschlüssel mit einem „Fuck patriarchy!“ zuwarf. Wie sie tanzten „in der Küche im Licht des Kühlschranks“. Und wie dann vieles verlorenging – „lost in translation“.

„Wind in meinen Haaren – ich war dabei“, versichert Swift sich selbst, dass alles wirklich geschehen ist, „ich erinnere mich nur zu gut.“ Alles hat er ihr mit der Post zurückgeschickt, nur eben den Halswärmer nicht. „Du behältst meinen Schal / aus der allerersten Woche / denn er erinnert dich an Unschuld / und er riecht nach mir / du kannst ihn nicht loswerden / denn du erinnerst dich nur zu gut.“ Auch hier schafft Swift den rangersten Popkniff – und niemand bleibt davon unberührt.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

„My Tears Ricochet“ – Die Hintergrundgeschichte ist bekannt. Swifts Entdecker Scott Borchetta hat 2019 sein Label Big Machine Records und somit auch die Rechte am Musikkatalog von Swifts ersten sechs Alben verkauft, was dazu führte, dass Swift diese Platten nun seit einigen Jahren als „Taylor‘s Versions“ neu einspielt. Dieser größte Vertrauensbruch ihrer Karriere kam ihr vor wie Mord.

Und so schrieb sie diese zeitlupenartige Geistergeschichte, in der eine Tote ihren Mörder bei ihrer Beerdigung sieht und aus dem Grab heraus heimsucht. Goth meets Gospel, ein überirdisch anmutender Chor, mehrere Gesangsspuren, viel Hall und die müden Instrumente schaffen eine Atmosphäre des in Kummer verwandelten Zorns und der Sehnsucht nach der Rückkehr ins Leben. Swift flüstert: „Ich habe dich geliebt bis zum Tag meines Todes“ und verspricht: „Wenn du nachts nicht schlafen kannst, hörst du meine gestohlenen Wiegenlieder.“ Von Swifts erstem Pandemiealbum „Folklore“ (2020).

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

„The Last Great American Dynasty“ – Eine Geschichte – ebenfalls vom „Folklore“-Album – die nur ihren Ursprung in Swifts Leben hat. Die Sängerin erstand vor elf Jahren das „holiday house“ der Künstlerin und Balletttänzerin Rebekah Harkness (1915 bis1982), die schon als 17-Jährige mit ihrem Debütantinnenklub, dem „Bitch Pack“, Skandalfeuerchen entfacht hatte (Striptease auf Banketttischen).

Über die 1947 geschlossene zweite Ehe des Freigeists mit dem Ölmagnaten William Hale Harkness (Standard Oil) überboten sich die Klatschmäuler und -gazetten Amerikas in zum Teil Gürtellinie-unterschreitendem Gossip, erst recht, als sie nach dem Tod ihres Mannes 1954 dessen Vermögen erbte.

Swift hat Harkness‘ Geschichte in einen Uptempo-Folkrock-Song mit Soundbezügen zur britischen Progband Radiohead („In Rainbows“) verwandelt und legt eine kunstvolle Shortstory über die bösen Zungen der Gerüchteküchen („Sie hatte eine wunderbare Zeit, ruinierte alles“) hin – mit dem im Countrygenre gern genutzten abschließendem Perspektivwechsel („Ich hatte eine wunderbare Zeit, ruinierte alles“). Ein Spiegel von Swifts eigenem Leben und eine Breitseite gegen die diffamierende, diskriminierende Hasskultur der sozialen Medien.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

„Shake It off“ – Tanzen kann man natürlich auch zu Taylor Swifts Musik, ihre Dancetracks wurden in dieser Liste bislang nur etwas stiefmütterlich behandelt. Deshalb zum Schluss dieser Dancefloorburner, auch wenn Swift im Video zu „Shake It off“ außerhalb des Grooves bleibt und ihre Moves nicht zu diesem Uptempo-Song passen wollen, (dessen Roots von Hip-Hop bis zu den Songs der Girl-Groups der frühen Sechzigerjahre reichen).

Jonas Thanders‘ Saxofon, die Synth-Sax-Linie und das Handclapping sind reizvoller Schmuck der catchy Melodie. Der fröhliche Song vom Album „1989″ (2014) erzählt freilich – ähnlich wie „The Last Great American Dynasty“ – vom nicht einfachen Leben unter Kameras: „Cause the players gonna play, play, play, play, play / And the haters gonna hate, hate, hate, hate, hate / Baby, I‘m just gonna shake, shake, shake, shake, shake – shake it off“.

„Jeder Teil meines Lebens wurde seziert“, sagte Swift im August 2014 im Interview mit dem Musikmagazin „Rolling Stone“. „Wenn du dein Leben unter dieser Art von Lupe lebst, kannst du entweder daran zerbrechen, oder du wirst echt gut darin, Schlägen auszuweichen.“ Ihre Art damit umzugehen sei, „es abzuschütteln“. Zweite Swift-Taktik: Die Deutungshoheit über ihr Leben zu gewinnen, indem sie das, was sie von sich sagen möchte, weidlich in ihren Songs ausstellt.

Das Stream-Team

Die besten Serien- und Filmtipps für Netflix & Co. direkt in Ihr Postfach – jeden Monat neu.

Sie fanden all das eher „geht so“, kein Vergleich mit Elvis, Joni Mitchell oder den Backstreet Boys? Dann müssen wir Sie hier wohl zu unserem Bedauern aus den Reihen der Swifties-to-be nehmen.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Sie haben am Ende getanzt? Und „Shake It off“ noch mal auf Repeat gestellt? Das ist ein gutes Zeichen. Swifties finden Sie sympathisch!

Sie fanden mehr als die Hälfte der hier versammelten Songs überaus ohrgängig und finden die Lyrics von Taylor Swift auch hörens- respektive lesenswert? Und Sie sind gerade jetzt bei Spotify unterwegs, um mal in Swifts neues Doppelalbum „The Tortured Poets Department“ reinzuhören (und lassen sich auch durch das Konvolut von 31 Songs nicht davon abschrecken)? Echt jetzt? Respekt! Sie sind auf dem Weg, ein Swiftie zu werden!

Das ist das Beste, was Sie seit (irgendeinen Künstler, eine Künstlerin, eine Band aus den Achtzigerjahren – oder früher – einfügen) gehört haben? Willkommen bei den Swifties!



Source link www.ostsee-zeitung.de