Sahra Wagenknecht bei der Vorstellung der EU-Wahlkampagne am Mittwoch in Berlin

Sahra Wagenknecht bei der Vorstellung der EU-Wahlkampagne am Mittwoch in Berlin

Foto: dpa

Die Vorstellung der Wahlstrategie des Bündnisses Sahra Wagenknecht am Mittwoch in Berlin hatte durchaus den Charme des Unvollkommenen. Die Multimedia-Präsentation der Schwerpunkte, mit der die Partei bei den Europawahlen am 9. Juni Stimmen holen will, hakte an der einen oder anderen Stelle; und auch von der Künstliche Intelligenz, die durch die Veranstaltung führen sollte, war kaum etwas wahrnehmbar. Statt dessen betonten die BSE-Spitzenvertreter*innen – neben den beiden Ko-Vorsitzenden Wagenknecht und Amira Mohamed Ali und Generalsekretär Christian Leye hatten sich auch die beiden Spitzenkandidaten Fabio De Masi und Thomas Geisel eingefunden – die Premiere des anlaufenden Wahlkampfs: Es sei der erste Antritt des BSW bei einer bundesweiten Wahl. Und dies, obwohl die Partei erst in drei Bundesländern etabliert sei, in den anderen seien die Strukturen erst im Aufbau begriffen, erklärte Generalsekretär Leye.

Das spiegelt sich auch in der Kampagne wider. BSW will »mit großen und kleineren Plakaten« Präsenz zeigen. Dazu hat die Partei Mitglieder und Sympathisant*innen aktiviert, die beim Kleben helfen. Der Wahlkampf soll mit klassischen Mitteln wie Flyern geführt werden; geplant ist zudem natürlich, die sozialen Medien zu bespielen. Vor allem aber: Parteigründerin Wagenknecht will mit den Forderungen des BSW auf Wahlkampftour gehen. Ab dem 15. Mai will sie mit Kandidat*innen ihrer Partei durch knapp zwei Dutzend Großstädte ziehen; die Schlussveranstaltung ist am 6. Juni in Berlin geplant.

Die inhaltlichen Svchwerpunkte hatte das BSW schon in ihrem im Januar beschlossenen Wahlprogramm gesetzt. Unter dem Motto »Weniger EU ist mehr« soll das Staatenbündnis zurückgebaut werden, die »übergriffige Regelungswut« und der Lobbyismus der Konzerne gestoppt werden, erklärte Sahra Wagenknecht am Mittwoch dazu. Investitionen sollen in den zivilen Bereich statt in Aufrüstung fließen, bekräftigte das BSW-Team bei der Präsentation. Und auch die Warnung, Europa dürfe nicht zwischen den Großmächten USA und China zerrieben werden, wurde wiederholt. So wolle man vor allem jene Wähler*innen ansprechen, die nicht nur mit der Entwicklung der EU, sondern auch der Regierung in Berlin unzufrieden sind. Sahra Wagenknecht: »Es geht am 9. Juni nicht nur um Europa, sondern auch um Deutschland. Es ist der erste Schritt zur Abwahl der Ampel.«

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Vor allem auf das Thema Krieg und Rüstung setzt das BSW. In der EU dominiere »die Sprache des Krieges«. Aber: »Europa muss eine Friedensmacht werden«, forderte Wagenknecht. De Masi assistierte: »Friedliche Lösungen für den Konflikt in der Ukraine oder im Nahen Osten werden nicht durch immer weitere Waffenlieferungen gefunden«. »Krieg oder Frieden«, lautet ein zentraler Wahlkampfslogan von BSW. »Ampel oder Überholspur« ein anderer, der auf die schwächelnde Wirtschaft in der Bundesrepublik Bezug nimmt. Mit »Gier oder Gerechtigkeit« setzt die Wagenknecht-Partei auf die soziale Flanke und mit »Maulkorb oder Meinung auf die gefühlte oder tatsächliche Bevormundung der Bürger*innen.

Keinen Slogan gab es zur Migrationspolitik, bei der sich BSW mit seinem restriktiven Ansatz deutlich von der Linken abhebt. Wagenknecht verwies auf eine Überforderung der Kommunen bei Unterbringung und Integration von Geflüchteten. Was auch dazu führe, dass diese gerade in jenen Regionen oder Stadtteilen angesiedelt würden, die ohnehin als soziale Brennpunkte gelten. Auch dies sei eine Form der gesellschaftlichen Ungerechtigkeit. Sowohl Wagenknecht als auch De Masi betonten jedoch, dass jenen Menschen, die Schutz brauchten, auch Schutz geboten werden müsse.

In welchen Fraktion sich mögliche BSW-Europaabgeordnete im EU-Parlament ansiedeln könnten, blieb am Mittwoch etwas nebulös. Das es The Left sein könnte, ist eher unwahrscheinlich. Aber man werde die BSW-Parlamentarier nicht auf den Hinterbänken sehen, meinte De Masi. Derzeit sei man im Gespräch mit anderen Parteien, die ähnliche Ziele wie das BSW verträten.

Konkreter wurde Spitzenkandidat Fabio De Masi, der sich insbesondere mit der Aufklärung des CumEx-Skandals einen Namen gemacht hat, allerdings bei seinen Aufgaben im Europaparlament. In Brüssel und Straßburg wolle er weiter dubiose Finanzgebaren unter die Lupe nehmen. Im Blick hat der Wirtschaftsexperte dabei unter anderem die «Steuervermeidungspolitik» der großen Digitalkonzerne und das Austrocknen von Steueroasen.

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