LONDON. Nach dem britischen Unterhaus hat auch die zweite Parlamentskammer dem lange diskutierten Ruanda-Abschiebeplan zugestimmt. In dem Gesetz ist vorgesehen, daß Migranten bei illegaler Einreise in den ostafrikanischen Staat abgeschoben werden – ungeachtet ihrer Herkunft. Das Oberhaus stimmte dem Gesetzentwurf, der Ruanda zum sicheren Drittstaat erklärt, in der Nacht auf Dienstag zu.

Ziel der konservativen britischen Regierung um Premierminister Rishi Sunak (Tories) ist es, die Überfahrt über den Ärmelkanal auf britisches Territorium präventiv zu unterbinden. Im vergangenen Jahr kamen etwa 30.000 Personen auf diesem Weg auf die Insel. Bereits Sunaks Amtsvorgänger Boris Johnson (ebenfalls Tories) hatte vor etwa zwei Jahren entsprechende Ruanda-Pläne öffentlich geäußert.

Sunak kündigte an, Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ignorieren zu wollen, sollte dieser die neue Abschiebepraxis für rechtswidrig erklären. Dennoch betonte er, das neue Gesetz stehe nicht im Konflikt mit der international geltenden Rechtslage. Zudem kündigte er ähnliche Abkommen mit Armenien, Costa Rica, Botswana und der Elfenbeinküste an.

Ruanda-Modell auch für Deutschland denkbar

Bereits vor knapp zwei Jahren, im Juni 2022, sollte der erste Flieger mit illegalen Einwanderern nach Ruanda abheben, wurde aber mit einer einstweiligen Verfügung des EGMR kurz vor dem Abflug gestoppt.

Sunak kündigte nun an, daß innerhalb der nächsten zehn bis zwölf Wochen der erste Flieger nach Ostafrika starten soll. Dafür sollen kommerzielle Charterflüge benutzt werden, zudem sollen hunderte Juristen mögliche Klagen bearbeiten, um erneute rechtliche Probleme zu beheben.

Für Deutschland ist ein derartiges Gesetz unwahrscheinlich, jedoch nicht völlig ausgeschlossen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich im November vergangenen Jahres mit den Landesregierungen darauf verständigt, prüfen zu wollen, ob Asylverfahren außerhalb Europas rechtlich möglich seien. Ein Ergebnis soll im Juni vorliegen. (st)





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