Niepars. Mit 82 noch als Bürgermeisterin durch Niepars marschieren? Nicht mit Bärbel Schilling. Sie macht jetzt Schluss und kandidiert nicht mehr für dieses Amt. „15 Jahre sind genug.“
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Trotzdem soll ihr Wissen nicht verloren sein. „Deshalb stelle ich mich noch mal als Gemeindevertreterin zur Verfügung, kann, wenn meine Nachfolgerin es wünscht, auch unterstützen“, sagt die 76-Jährige im OZ-Gespräch. „Ich weiß ja, wie es mir 2009 ging, ich musste alles erfragen, da hatte ich der Amtsverwaltung wirklich viel zu verdanken, war fast jeden Tag dort.“ Zum Glück, sagt sie, hatte sie zudem einen engagierten Stellvertreter.
Tolle Zusammenarbeit mit allen Abgeordneten in Niepars
„Aber ich muss auch sagen, dass wir eine tolle Gemeindevertretung sind. Gerade in den letzten fünf Jahren haben wir super zusammengearbeitet. Gar nicht zu vergleichen mit früher, als hier noch politische Grabenkämpfe ausgetragen wurden. Da musste meine Familie viel aushalten, wenn ich völlig geschafft nach Hause kam.“ Auch die OZ hat Anfang der 2000er-Jahre öfter über die heftigen Debatten zwischen CDU und dem „Rest“ berichtet. Heute spürt man ein Miteinander.
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Fragt man die Lehrerin, die mit ihren Fächern Biologie und vor allem Chemie heute noch Angebote kriegt, doch unbedingt wieder zu unterrichten, nach den schönen Momenten auf dem Bürgermeisterstuhl, sagt sie: „Ein großer Erfolg war, dass wir mit Netto endlich wieder eine Einkaufsmöglichkeit in die Gemeinde bekommen haben. Die Erweiterung der Kita und vor allem die Sanierung der Schule von Brandschutz bis Digitalisierung, ein Jahrhundert-Projekt und eigentlich eine Nummer zu groß für eine Gemeinde, haben wir gut hinbekommen und damit den Schulstandort gerettet.“
Fusion hält noch viele Herausforderungen bereit
Ob Feuerwehr, Jugendarbeit, Sportverein oder Kulturangebote, die Zusammenarbeit mit den Vereinen laufe gut. „Zum Glück gibt es da ganz engagierte Leute.“ Luft nach oben sieht die Bürgermeisterin bei der Belegung des Wohngebietes. Und wie sieht Bärbel Schilling die Fusion mit Kummerow und Neu Bartelshagen? „Damals fand ich das total richtig. Heute merken wir, dass das Gebiet doch ganz schön groß ist. Ob Hafen in Zühlendorf oder Gemeindehaus samt Kläranlage in Buschenhagen – da haben wir noch einige Aufgaben zu bewältigen.“
Die Nieparserin ist bekannt für ihre offenen, aber durchdachten Worte. Doch oft verliert die Basis den Kampf gegen die Bürokratie, wie sie an Beispielen erklärt. „Wir wollten eine zweiteilige Fotovoltaik-Anlage nördlich und südlich der B 105 bauen, hatten die Flächen, den Investor, haben B-Plan und F-Plan entsprechend vorbereitet und geändert, aber das Land hat überhaupt nicht reagiert. Jahre sind da vergangen. Jetzt heißt es, der unterschiedliche Bodenwert sei das Problem. Also geht alles wieder von vorne los. Da braucht doch in Berlin keiner von Energiewende zu reden.“
„Land beschließt Gesetze, ohne uns ausreichend Geld dafür zu geben“
Am meisten ärgert die Bürgermeisterin, „dass man im Land Gesetze beschließt, die wir dann kostenintensiv umsetzen müssen, ohne ausreichend finanziell ausgestattet zu werden. Beispiel Anspruch auf einen Hortplatz ab 2026: Das wird beschlossen und wir müssen nun sehen, wie wir das Raumangebot erweitern. Ähnlich bei der Schule. Da kann ich nur sagen: Wohl dem, der keine Kita und keine Schule hat, der zahlt seine Umlage und gut ist.“ Anderes Beispiel: Die Straßenausbaubeiträge fallen weg, aber das Land gibt Niepars nur 48 000 Euro, um alle Gemeindestraßen zu erhalten bzw. zu sanieren. „Das reicht vorne und hinten nicht.“
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An einem Punkt war Bärbel Schilling aber echt sauer: „Seit Jahren kämpfen wir um den Radweg nach Duvendiek. Mal abgesehen von den ganzen Planungsänderungen, wurde plötzlich hier der Neuntöter, ein Vogel aus der Familie der Würger, vermutet. Er wurde auf Rügen gesehen, da hat ihn die Untere Naturschutzbehörde auch bei uns vermutet. Er wurde gesucht – und nicht gefunden. Dafür teilte man uns mit, dass es hier Kraniche gibt. Na, die beobachten wir hier seit zig Jahren, dafür braucht man keine Gutachten. Ich hab das echt als Streich empfunden“, schüttelt sie den Kopf.
Große Ehre: Empfang beim Bundespräsidenten
„Aber diese Sorgen über zunehmende Bürokratie, obwohl es uns jeden Tag anders erzählt wird, die schlechte Finanzausstattung der Kommunen – all das gibt es überall in Deutschland. Das habe ich gemerkt, als ich vorige Woche zum Empfang beim Bundespräsidenten eingeladen war. Eine schöne Geste und sehr feierlich, aber unsere Sorgen bleiben.“
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Nach der Kommunalwahl wird sich ein anderer damit herumschlagen müssen. Und was hat Bärbel Schilling dann vor? „Mich um meine Wehwehchen kümmern“, sagt sie lachend und schiebt schnell hinterher: „Also ich glaube, dass sich in den nächsten zwei Jahren nicht viel ändert, ich werde mich so engagieren wie immer. Aber klar, unsere beiden Kinder sind längst erwachsen, da möchte ich mit meinem Mann schon gern noch reisen. Winterurlaub haben wir inzwischen abgewählt, aber Südafrika haben wir noch auf dem Zettel …“
OZ