Die gestiegene Radikalisierung junger Muslime, Schwierigkeiten bei der Integration und das Frauenbild von Migranten in Deutschland – diese Themen dominierten die Sendung von „Markus Lanz“ am Donnerstagabend. Er sei auf der Suche nach Antworten, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul mit Blick auf einen Verfassungsschutzbericht, laut dem sich mehr junge Muslime radikalisierten. „Das hat wahrscheinlich zu tun mit dem Internet“, vermutete Reul. Dass er mit dieser etwas großväterlich klingenden Annahme nicht falsch lag, zeigte sich später in der Sendung.

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Zunächst berichtete die Expertin für Migration und Integration Souad Lamroubal, dass sie in ihrem Umfeld keine zunehmende Radikalisierung beobachte. „Ich nehme wahr, dass viele Jugendliche immer mehr nach Identität suchen“, sagte sie. So lasse sich die Attraktivität des fundamentalistischen Islam für Jugendliche erklären: „In Krisenzeiten sind die Menschen in den Moscheen diejenigen, die die Tür öffnen.“

„Markus Lanz“: Langer Arm des Irans trägt zu Radikalisierung in Deutschland bei

Journalist und Autor Eren Güvercin sah die deutsche Gesellschaft, aber auch die Muslimverbände in Deutschland in der Pflicht, Jugendlichen ein alternatives Angebot zu schaffen. Man müsse sich fragen: „Wo können wir diese jungen Menschen noch erreichen?“

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Dass man das Feld in dieser Sache nicht den fundamentalistischen Einrichtungen überlassen dürfe, befand auch die Chefredakteurin des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND), Eva Quadbeck. „Das ist eine falsch verstandene Vorstellung von Integration“, sagte sie mit Blick auf die Blaue Moschee in Hamburg. Deren Verbindungen zum iranischen Regime seien bekannt, Konsequenzen seien daraus aber seit 30 Jahren nicht gezogen worden. Vielmehr müsse man feststellen, dass Integration bei einer zu hohen Zahl Zugewanderter nicht mehr gelinge. „Auf der anderen Seite darf man nicht vergessen, dass es ausländerfeindliche Kriminalität, Ressentiments und Rassismus gibt“, sagte Quadbeck. „Beide Probleme darf man nicht camouflieren.“

Passiert sei das jedoch bei der Debatte um die Silvesternacht 2015 auf der Kölner Domplatte, bei der es zu einer Vielzahl von Übergriffen auf Frauen durch Migranten kam. Weil das Geschehene nicht sofort konkret benannt wurde, sei die Debatte danach umso empörter geführt worden.

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„Das ist Islam“: Frauenbild sorgt bei „Markus Lanz“ für Diskussion

Vor dem Hintergrund der berüchtigten Silvesternacht begann Lanz ein Gespräch „über junge Männer, die ein problematisches Frauenbild haben.“ Ein eingespieltes Tiktok-Video verdeutlichte, welche Männer er meinte: Der Clip zeigte einen Mann, der erklärte, unter welchen Umständen ein Whatsapp-Chat unter einem Muslim und einer Muslima nach religiösen Regeln erlaubt sei. Souad Lamroubal, Expertin für Migration und Integration, wollte von Lanz wissen, welche Passage des Videos er kritisch finde. Kritische Passagen fand sie selbst auf Nachfrage des Moderators nicht. „Das ist Islam“, konstatierte sie und sorgte bei Lanz für Entgeisterung.

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Ein zweiter Tiktok-Clip behandelte die stereotypische Rollenverteilung von muslimischen Ehepaaren, Quadbeck ordnete ihn als „fundamentalistisch und sexistisch“ ein. Als „Rattenfänger“ bezeichnete Güvercin den im Video zu sehenden selbsternannten Prediger. Für die junge Generation, die Adressaten solcher Inhalte auf den sozialen Medien, müsse ein Gegenangebot geschaffen werden.

Lanz fragte erneut: „Warum sind die jungen Leute so empfänglich für diese Botschaften?“, und machte damit den Eindruck, weder Güvercin noch Lamroubal bei ihren Ausführungen zugehört zu haben. Damit verschenkte er die Möglichkeit, sich mit seinen Gästen über Lösungen zu unterhalten: Wie man junge Menschen erreichen könnte, bevor sie sich einem fundamentalistischen Islam zuwenden? Was man gegen das Gefühl junger Migranten tun könnte, nicht zu Deutschland zu gehören? Und was könnte man gegen den von Lamroubal angesprochenen Personalmangel in den Ausländerbehörden tun? Für diese Perspektiven blieb keine Zeit.



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