Die Stadt Labytnangi liegt in der Abgeschiedenheit des russischen Nordens. Rund 25.000 Menschen leben hier. Der Ort befindet sich nur wenige Kilometer über dem nördlichen Polarkreis. Die Region ist international vor allem wegen prominenter Häftlinge des russischen Regimes bekannt, die hier ihre Strafen verbüßt haben.
In der Strafkolonie „Weißer Bär“ am Stadtrand war jahrelang der ukrainische Regisseur Oleg Senzow inhaftiert, während im „Polarwolf“ im 30 Kilometer entfernten Dorf Charp der Oppositionsführer Alexej Nawalny einsaß – bis zu seinem ungeklärten Tod Mitte Februar. Ansonsten ist hier wenig los, die Hauptstadt Moskau und andere bedeutende Städte sind Tausende Kilometer entfernt. Auch die vor mehr als zwei Jahren von Russland überfallene Ukraine liegt 3000 Kilometer von Labytnangi entfernt.
Museen zeigen russischen Kindern früh, dass die Ukrainer ihre Feinde sind
Obwohl die Entfernung zur Frontlinie in der Ukraine ungefähr der zwischen Lissabon und Stockholm entspricht, spielt der Krieg eine bedeutende Rolle im Alltag der hier lebenden Menschen. Wie viele Einwohner von Labytnangi in Wladimir Putins Armee kämpfen, ist nicht bekannt. Wie „n-tv“ berichtet, soll es nach dem Wunsch der Behörden in Zukunft mehr sein.
So wurde an der Schule Nummer acht stolz verkündet, dass ganze 17 Kadetten-Klassen gegründet wurden. Kinder erhalten von klein auf eine militärische Grundausbildung, lernen das richtige Marschieren und den Umgang mit Maschinengewehren.
Eine Dauerausstellung, die die „Helden“ anderer russischer Kriege wie dem Zweiten Weltkrieg, dem Afghanistankrieg und den beiden Tschetschenienkriegen feiert, existiert bereits seit einiger Zeit.
„Der Neonazi ist tot, aber seine Uhr tickt weiter“
Bilder im Lokalfernsehen zeigen Kinder in Uniform bei der feierlichen Eröffnung, wie sie ihre Fähigkeiten im Umgang mit Waffen demonstrieren und die Besucher durch die Ausstellung führen. Diese erzählt die Geschichten der Bewohner der Stadt, die „heldenhaft“ gefallen sind.
Außerdem werden Uniformen russischer Soldaten, Patronenhülsen und angebliche Teile einer abgeschossenen HIMARS-Rakete ausgestellt. Eines der „Highlights“ ist eine Armbanduhr eines getöteten ukrainischen Soldaten, über die im Beitrag des Lokalfernsehens kommentiert wird: „Der Neonazi ist tot, aber seine Uhr tickt weiter“.
Die Kinder sollen so darauf vorbereitet werden, später freiwillig und mit Stolz für Russland in den Krieg zu ziehen. „Sie schweißen die Bevölkerung um ein Feindbild zusammen. Heute ist es die Ukraine. Aber sie werden kein Problem damit haben, die Exponate dieser sogenannten Museen so anzupassen, dass andere Länder wie die baltischen Staaten, Polen und andere zum Feindbild werden“, erklärt eine ukrainische Menschenrechtlerin im Gespräch mit „n-tv“.