Solange die Millennials noch ihre seit Tagen andauernde Schnappatmung kurieren, holen wir kurz auch alle anderen in den sogenannten Loop – immerhin ereignete sich am ersten Coachella-Wochenende etwas Außerordentliches: Lana Del Rey, Headlinerin dieses amerikanischen Musikfestivals, holte Billie Eilish auf die Bühne, um gemeinsam die Songs zu performen, die sie jeweils berühmt gemacht haben. Damit war die offizielle Amtsübergabe zum Oberhaupt der “Sad Girls” vollzogen.
Lana Del Rey, die live nicht sonderlich gut, aber dafür eine Ikone ist, wurde 2011 mit ihren melancholischen Balladen über hoffnungslose Liebe zu älteren Männern bekannt. Ihre Ästhetik, in der viel traurig geraucht wurde, verwies auf das weiße Arbeiter-Amerika der Nachkriegsjahre; ihr Erfolg fiel mit dem der sozialen Medien zusammen, in denen sich fortan junge Frauen über ihre psychischen Probleme und die Unterdrückung im Patriarchat austauschten und zur Internetbewegung der “Sad Girls” wurden. Sie deuteten das seit Langem fetischisierte Stereotyp der leidenden jungen Frau – gerne auch als vorzeitig Verstorbene, wie die “Unbekannte aus der Seine”, die Ende des 19. Jahrhunderts angeschwemmt und als “Anne” zur Vorlage für Reanimationspuppen wurde, weswegen Michael Jackson in seinem Song Smooth Criminal fragt, “Annie, are you okay?”, aber wir geraten ins Plaudern – jedenfalls deuteten sie ihre Traurigkeit als politischen Widerstand um.