Irans Attacke auf Israel ist offenbar auf breiter Linie gescheitert. Nicht nur dank der Flugabwehr, sondern auch dank Unterstützung durch Verbündete.

Raketen im israelischen Nachthimmel.

Der Iron Dome hat die iranischen Angriffe abgewehrt: Aufnahme von Israel aus in der Nacht zu Sonntag Foto: ap

BERLIN taz | Eindrucksvolle „99 Prozent“ der Geschosse, die Iran am Wochenende auf Israel abgefeuert hat, sind – nach israelischen Armeeangaben – abgefangen worden. „Fast alle“ der mehr als 300 Drohnen und Raketen seien ausgeschaltet worden, formulierte es US-Präsident Joe Biden. Stimmen diese Angaben, dann ist der iranische Angriff als großer Misserfolg für das Regime in Teheran zu werten – und als historischer Erfolg für Israel. Das Land bekam nicht nur Unterstützung von Verbündeten, sondern konnte sich auch mit verschiedenen Raketenabwehrsystemen schützen.

Eine zentrale Rolle spielte das Abwehrsystem Arrow-3, das Raketen mit großer Reichweite abfängt. So auch die ballistischen Raketen, die Iran abfeuerte. Das Arrow-System kann Langstreckenraketen in einer Höhe von 100 Kilometern abfangen, also im beginnenden Weltraum. Somit werden Sprengköpfe zerstört, ohne dass sie Schaden am Boden anrichten. Es ist dieses System, das auch Deutschland von Israel kaufen möchte, um sich etwa gegen einen russischen Angriff verteidigen zu können.

Neben Arrow-3 hat Israel weitere Systeme, darunter David’s Sling, das Raketen mit mittlerer Reichweite abfängt, wie sie die Hisbollah im Libanon besitzt, sowie das bekannteste unter Israels Verteidigungssystemen: den Iron Dome. Letzteres ist spezialisiert auf den Abschuss von Mörsergranaten und Raketen mit kurzer Reichweite, bis zu 70 Kilometer. Es besteht aus Radarsystemen und Abschussrampen. Es berechnet die Flugbahnen von Geschossen und feuert bei Bedrohung Abfangraketen ab. Seit seiner Aktivierung 2011 soll es Tausende Raketen ausgeschaltet haben, auch in den letzten Monaten während des Krieges gegen die Hamas und die Hisbollah.

Doch trotz modernster Technik kann Israels Abwehrschirm nicht alle Geschosse neutralisieren. Mehrere Marschflugkörper und ballistische Raketen schlugen in der Nacht auf Sonntag auf israelischem Territorium ein. Der Luftwaffenstützpunkt Nevatim im Süden wurde getroffen, nach israelischen Angaben aber nur leicht beschädigt. Er sei weiter in Betrieb.

Bemerkenswert: die Rolle Jordaniens

Das iranische Regime stellt dies anders dar: „Die Operation ist mit Erfolg ausgeführt worden“, sagte Armeechef Mohammed Bagheri am Sonntag. Nach seinen Angaben, die wie die Zahl von 99 Prozent abgefangener Geschosse mit Vorsicht zu genießen sind, wurden keine zivilen Ziele ins Visier genommen. Hauptanliegen sei es gewesen, Ziele anzugreifen, die in Zusammenhang stehen mit der Tötung eines Kommandeurs der iranischen Revolutionsgarden bei einem Angriff auf ein iranisches Konsulatsgebäude in Syrien am 1. April: zum einen ein israelisches Geheimdienstzentrum, das Informationen geliefert haben soll, zum anderem den Stützpunkt Nevatim. Von diesem aus waren die Kampfjets nach Damaskus gestartet. „Beide Zentren sind beträchtlich beschädigt und außer Betrieb gesetzt worden“, behauptete Bagheri.

Wichtig bei der Abwehr des iranischen Angriffs waren zudem Israels Verbündete. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sprach von Dutzenden Geschossen, die das US-Militär abgewehrt habe, größtenteils über Jordanien und dem Irak. In den letzten Tagen hatten die USA weitere Militärflugzeuge und Zerstörer in die Region beordert. Großbritanniens Premier Rishi Sunak gab an, britische Kampfjets hätten „eine Reihe“ von Drohnen abgeschossen. Ob auch französische Flieger beteiligt waren oder ob Frankreich nur logistische Unterstützung leistete, blieb zunächst unklar. Israels Armee lobte die Rolle Frankreichs.

Bemerkenswert ist, dass auch Jordanien Israel verteidigte. Die Armee soll Dutzende Geschosse abgefangen haben. Teile sollen vom Himmel gefallen seien; Videos davon verbreiteten sich im Netz. Jordanien hatte in den 1990er Jahren Beziehungen zu Israel aufgenommen. Die Solidarität der Bevölkerung mit den Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen im Gazastreifen und die antiisraelische Stimmung im Land sind jedoch groß, sodass die Führung unter Druck steht.



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