Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hat gute Chancen, in die Geschichtsbücher einzugehen. Und das nicht, weil sie in ihrem Amt markante Spuren hinterläßt. Auch als Sprengmeisterin der Ampel-Koalition würde sie eher eine Randnotiz bleiben, selbst wenn ihr besonders absurd anmutendes Projekt der „Kindergrundsicherung“ die FDP wider Erwarten zum Bruch der Ampel-Koalition provozieren sollte.

Nein, das historische Alleinstellungsmerkmal von Lisa Paus ist ein anderes: Sie dürfte zusammen mit Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) auf absehbare Zeit die letzte in der Reihe deutscher Politiker sein, die den Sozialstaat über Jahrzehnte mit immer neuen Transferversprechen aufgebläht haben. Denn die Party ist vorbei, das Geld ist alle. Nur will es noch keiner so richtig wahrhaben, weil die Musik immer noch laut spielt und keiner das die harsche Realität entblößende Saallicht anstellen will.

Die Kosten für Ampel-Vorhaben explodieren

Betrachtet man die vorliegenden Rahmendaten, so wird deutlich, daß der deutsche Sozialstaat schon heute nicht mehr finanzierbar ist. Und er wird es in Zukunft noch weniger sein. In den vergangenen zehn Jahren ist der Anteil der Sozialausgaben an den Bundesausgaben von 47 auf über 54 Prozent gestiegen. Bund, Länder und Gemeinden wenden jährlich knapp 1,2 Billionen Euro für Sozialausgaben auf – das ist mehr als doppelt soviel wie der gesamte Bundeshaushalt und eine Relation, die weltweit ihresgleichen sucht. Dem ungebremsten Wachstum der staatlichen Sozialtransfers stehen geradezu fahrlässige Versäumnisse gegenüber.

Der Sanierungsbedarf der maroden Schienennetze, Straßen und Wege in deutschen Kommunen sowie der Bundesfernstraßen summiert sich bis 2030 auf knapp 450 Milliarden Euro. Rechnet man den Sanierungs- und Innovationsstau bei der Bahn, der öffentlichen Verwaltung und der Bundeswehr hinzu, kommt man schnell auf über eine Billion Euro Finanzierungsbedarf bis 2030. Darin sind die rund 500 Milliarden Euro, die Klimaminister Robert Habeck in den nächsten fünf Jahren für die „Energiewende“ ausgeben will, noch gar nicht eingerechnet.

Die Finanzierung all dieser Aufgaben ist völlig ungeklärt, zumal die deutsche Steuer- und Abgabenquote am Limit und damit der Standort Deutschland international nicht mehr konkurrenzfähig ist – selbst nach übereinstimmender Einschätzung der sonst in fast allen anderen Fragen uneinigen Ampelkoalitionäre. Schließlich ist Deutschland im weltweiten Standort-Ranking in den vergangenen Jahren von Platz 6 auf Platz 22 zurückgefallen. Kapitalflucht ist die Folge und jede Hoffnung, aus den absehbaren Defiziten der öffentlichen Kassen herauszuwachsen, illusorisch.

Paus‘sche Sozialpolitik fördert eine Anspruchshaltung

Wenn man sich diese Rahmenbedingungen vor Augen führt, wird die Unverfrorenheit deutlich, mit der Lisa Paus für die „neue Kindergrundsicherung“ den Etat ihres Hauses knapp verdoppeln wollte. Zwar erscheint das Haushaltsvolumen ihres Ministeriums mit knapp 14 Milliarden (2024) im Vergleich zum Bundessozialministerium von Hubertus Heil (171 Mrd., das entspricht 40 Prozent des Bundeshaushalts) geradezu marginal. Doch in der Methodik ihrer Sozialstaatsparty steht Paus ihrem sozialdemokratischen Kabinettskollegen in nichts nach. 

Beiden geht es darum, eine Anspruchshaltung gegenüber „dem Staat“ zu kultivieren und zu verstetigen, die es dem Staat ermöglicht, immer weiter gestaltend in die Lebensentfaltung jedes Einzelnen steuernd einzugreifen und eine ideologisch motivierte Gesellschaftspolitik durchzusetzen. Diese Verführung zur Unmündigkeit kommt auf leisen Sohlen. Mit einem „Staat als Servicedienstleister für Kinder“ wirbt Paus in Werbebroschüren für ihre „neue Kindergrundsicherung“- als eine Art bedingungsloses Grundeinkommen schon von der Wiege an.

Sie wolle „von der Holschuld der Bürger zur Bringschuld des Staates kommen“, lockt die grüne Familienministerin immer größere Bevölkerungskreise in die Sozialstaatsfalle – oder überhaupt erst ins Land. Schon jetzt geht die Hälfte der Sozialtransfers, die über das Bundesfamilienministerium abgewickelt werden, an Migranten. Bei der Migrantenquote hat Paus immerhin mit Sozialstaatsminister Heils „Bürgergeld“ gleichgezogen.

Die Erfahrung widerspricht den grünen Entwürfen

Diese sich selbst nährende Eigendynamik des übergriffigen Sozialstaats zeigt sich ebenso deutlich bei noch einer weiteren Hauptgruppe von Transferempfängern: den Alleinerziehenden. Seit Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) diese vor 15 Jahren als imageträchtiges Subventionsziel entdeckte, wurde der Anteil der Alleinerziehenden an allen Familien von knapp 20 auf heute gut 25 Prozent hochgefördert. Der Zusammenhang zwischen steigender Alimentierung und wachsender Versuchung zu entsprechenden Lebensstilentscheidungen liegt auf der Hand. Tatsächlich zeigen die Erfahrungen der US-amerikanischen Familienpolitik, daß die weitgehend vorbehaltlose Förderung sogenannter Alleinerziehender einen starken Anreizcharakter vor allem für den männlichen Teil hat, sich der familiären Verantwortung zu entziehen.

Zudem gilt die Dunkelziffer des Transferbetrugs durch verdeckt geführte Lebensgemeinschaften als beträchtlich. Und die Frage, warum überhaupt die höchst private Trennungsentscheidung eines Paars auf Kosten des Steuerzahlers mit zweistelligen Milliardenbeträgen alimentiert wird, ist ein Tabu, an das niemand rührt. Schon gar nicht die grüne Familienministerin, die Alleinerziehende offenbar als eine Art Sturmtruppe gegen das konventionelle Familienmodell weiter päppeln will.

Paus hinterläßt verbrannte Erde

Mit kulturrevolutionärem Aplomb agiert Familienministerin Paus auch bei ihrer sogenannten „Demokratieförderung“, die sie zusammen mit Innenministerin Nancy Faeser auf ein Milliardenvolumen aufgestockt hat und nun sogar noch unbefristet verstetigen will. Ohne jede Erfolgskontrolle und mit korruptionsverdächtiger Nonchalance alimentiert Paus einen antifaschistischen Schutzwall aus zum Teil offen linksextremistisch agierenden Initiativen rund um die rot-grüne Wagenburg.

Angesichts der absehbaren Finanzierungsprobleme der öffentlichen Haushalte kann man die von Paus und anderen jetzt noch einmal forcierten sozialpolitischen Exzesse nur als Torschlußpanik deuten – und als eine Politik der verbrannten Erde. In sicherer Erwartung ihres Scheiterns bei der nächsten Bundestagswahl wird der Nachfolgeregierung eine Haushaltslage hinterlassen, die sie vor kaum lösbare Probleme stellen dürfte. Zumal bei keiner der heutigen Oppositionsparteien Konzepte gegen die offensichtliche Unterfinanzierung des deutschen Sozialstaatsmodells erkennbar sind.

JF 16/24



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