Die düstere Miene von Thomas Tuchel passte so gar nicht zum eher edlen Ambiente in der Loge der Münchner Allianz Arena. Der beim 2:0 am Samstagnachmittag gegen den 1. FC Köln gelbgesperrte und folglich von der Bank in den Luxusberich des Stadions ausquartierte Trainer des FC Bayern ahnte kurz nach Beginn der zweiten Hälfte Böses. Wenige Sekunden zuvor hatte sich der gerade von einem Innenbandriss im Knie genesene Kingsley Coman mit schmerzverzerrtem Gesicht an den Oberschenkel gefasst. Ohne Einwirkung eines Gegenspielers war es dem Fügelspieler in den Muskel gefahren. Der 27-Jährige ging zu Boden und musste anschließend von Betreuern gestützt vom Feld geführt werden. Eine Diagnose gab es unmittelbar nach Abpfiff noch nicht. Die Gewissheit, dass Coman erst einmal wieder zuschauen muss, dafür schon.
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„Er wird jetzt durchgecheckt, aber es sieht nicht ganz so gut aus. Er hat einen Stich bekommen und wir müssen davon ausgehen, dass er in den nächsten Wochen nicht zur Verfügung stehen wird“, sagte FCB-Sportdirektor Christoph Freund und musste sich im weiteren Verlauf des Abends bestätigt sehen. Coman habe sich „eine Muskelbündelverletzung in den rechten Adduktoren zugezogen“, teilte der Klub später mit. Der französische Nationalspieler werde „mehrere Wochen fehlen“. Ob Coman in dieser Saison überhaupt noch einmal zurückkommt und ob vielleicht sogar seine EM-Teilnahme gefährdet ist? Offen.
Schon am kommenden Mittwoch steht für die Münchner das Viertelfinal-Rückspiel der Champions League beim FC Arsenal an – und die Alternativen auf den offensiven Außenbahnen werden zunehmend dünner. Im ersten Vergleich mit den Londonern unter der Woche (2:2) hatte sich Serge Gnabry einen Muskelfaserriss im Oberschenkel zugezogen, Leroy Sané schleppt mit Schambeinproblemen von Spiel zu Spiel und wurde gegen Köln geschont. Und nun fällt auch Coman als Option weg.
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„Die Verletzung von Kingsley ist der große Wermutstropfen. Das macht mich sehr traurig. Er hat sehr hart gearbeitet und ist sehr wichtig für uns. Dann fällt erst Serge aus, dann er und bei Leroy steht es in den Sternen. Das ist bitter“, sagte Tuchel bei Sky: „Vieles wird von der Verletzung überschattet. Kingsley war prädestiniert dafür, die Rolle von Serge einzunehmen. Die Optionen gehen dahin – aber okay. Wir müssen am Mittwoch alles in die Waagschale werfen und Lösungen finden.“
Laut Sky ist Comans Blessur in der laufenden Spielzeit bereits die 24. Muskelverletzung im Kader der Bayern. „Das zieht sich durch die ganze Saison. Das ist alles andere als optimal“, gestand Freund und erklärt: „Wir diskutieren intern, an was es liegen könnte. Das Ziel ist ganz klar, dass wir in der kommenden Saison mit weniger Verletzungen durchgehen. In dieser Saison haben wir ganz selten einige Spiele hintereinander mit der gleichen Aufstellung spielen können.“
Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann äußerte derweil den Verdacht, dass die Trainingsdosierung beim deutschen Rekordmeister nicht optimal sei. „Irgendetwas stimmt da nicht. Entweder sie traineren zu viel oder sie trainieren zu wenig. Mein Gefühl und das, was ich höre, ist, dass sie zu wenig trainieren“, meinte der Sky-Experte.