Von russischen Medien veröffentliche Aufnahmen zeigen ein Flugobjekt, das einem Sportflugzeug ähnelt. Die Maschine nähert sich einem Gebäudekomplex, dann kommt es zu einer gewaltigen Explosion. Aufgenommen wurden die Bilder in der vergangenen Woche in der russischen Teilrepublik Tatarstan. Es handelte sich um einen Angriff der ukrainischen Armee, er galt einer Fabrik in der Stadt Jelabuga, wo Kampfdrohnen des iranischen Typs Shahed montiert werden, wie ukrainische Medien unter Berufung auf Quellen beim Militärgeheimdienst HUR berichteten.

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Am selben Tag kam es zu einem zweiten ukrainischen Angriff in der Stadt Nischnekamsk, Ziel dort war eine große Ölverarbeitungsanlage des regionalen Ölkonzerns Tatneft. Der Republikchef von Tatarstan, Rustam Minnichanow, bestätigte auf seinem Telegram-Kanal Drohnenangriffe auf Industrieanlagen in den beiden Städten.

Das Besondere: Die Ziele des Angriffs liegen tief in Russland, rund 1200 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Es war der tiefste Vorstoß der Ukraine auf russisches Gebiet seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor mehr als zwei Jahren – in der Vergangenheit griff die Ukraine bereits Ziele im rund 1000 Kilometer nördlich der Grenze gelegenen St. Petersburg und Umgebung an. Zum Vergleich: Die Reichweite der Taurus-Marschflugkörper, deren Lieferung an die Ukraine Kanzler Olaf Scholz weiter strikt ablehnt, liegt bei rund 500 Kilometern.

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Aus einem Ultraleichtflugzeug wird eine Drohne

Möglich sind die Einschläge tief in russischem Gebiet offenbar durch den Einsatz von zu Drohnen umgebauten Ultraleichtflugzeugen. Basis soll nach Angaben des Militärnachrichtenportals „Army Recognition“ eine ukrainische Maschine vom Typ Aeroprakt A-22 Foxbat sein. Der Zweisitzer war im Jahr 2000 in Serienproduktion gegangen und richtet sich an Hobbypiloten – unter dem Namen Valor wird er auch in den USA vertrieben, in Großbritannien und Australien ist er als Foxbat bekannt. Das Propellerflugzeug hat eine Spannweite von zehn Metern, ist 6,30 Meter lang und hat Herstellerangaben zufolge eine Reichweite von 1100 Kilometern. Ausgeliefert werde es entweder bereits komplett montiert oder als 152 Teile umfassender Bausatz.

Doch wie wird aus einem Sportflugzeug eine Kampfdrohne, die Ziele in 1300 Kilometer Entfernung angreifen kann? Laut dem belgischen Onlinemagazin „Army Recognition“ seien dafür zahlreiche technische Anpassungen notwendig. So müssten Rumpf und Flügel des Flugzeugs verstärkt werden, gleichzeitig sei eine Optimierung des Gewichts von entscheidender Bedeutung. Dabei könnten nicht mehr notwendige Komponenten wie Sitze, Innenverkleidungen und manuelle Steuerungssysteme entfernt werden – auch um Platz für notwendige Änderungen zu schaffen.

Krisen-Radar

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Damit das zur Kampfdrohne umgebaute Flugzeug bis nach Tatarstan gelangen könne, seien nach Angaben des Militärportals Modifikationen zur Erhöhung der Treibstoffkapazität – etwa durch zusätzliche Tanks – oder eine Verbesserung der Treibstoffeffizienz erforderlich. Denkbar sei auch der Austausch des ursprünglichen Motors durch eine leistungsstärkere Variante.

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Der entscheidende Schritt, um aus dem von einem Piloten gesteuerten Kleinflugzeug ein unbemanntes Luftfahrzeug oder eine Drohne zu machen, sei der Einbau eines neuen Steuerungs- und Navigationssystems. Das ermögliche, den Flug aus großer Entfernung zu steuern.

Für den Sprengstoff, der für einen Kamikaze-Einsatz notwendig ist, könnte ein spezielles Fach zur Aufbewahrung, für den den sicheren Transport und eine effektive Detonation am Ziel konstruiert worden sein, spekuliert „Army Recognition“. Die Detonation am Zielort könne entweder aus der Ferne oder automatisiert beim Aufprall aktiviert werden, schreibt das Portal weiter.

Ukraine-Drohnen mit Reichweite von 3300 Kilometern in der Entwicklung

Neben dem Umbau von Ultraleichtflugzeugen zu unbemannten Luftfahrzeugen arbeitet die Ukraine auch an der Entwicklung und dem Bau von Drohnen, die weit im Landesinneren von Russland zum Einsatz kommen können. Bereits im Jahr 2021 stellte das Land bei einer Rüstungsmesse in den Vereinigten Arabischen Emiraten ein Modell der Kampf- und Aufklärungsdrohne Sokil-300 vor – die soll den damaligen Herstellerangaben zufolge bis zu 26 Stunden fliegen können und eine Reichweite von bis zu 3300 Kilometern haben.

Die „Bild“-Zeitung berichtete zudem in der vergangenen Woche unter Berufung auf ukrainische Kreise, dass noch in diesem Jahr zehn Hersteller bewaffnete Drohnen liefern wollten, die eine Reichweite von bis zu 2500 Kilometern hätten.

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An der strategischen Bedeutung von Drohnen in militärischen Konflikten lässt die Ukraine keinen Zweifel. „Ich denke, Drohnen werden die Art der Kriegsführung weltweit verändern“, sagte der ukrainische Vizeminister für digitale Transformation, Oleksandr Bornjakow, vor einigen Wochen dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) in Kiew.

Mit Material von dpa und AP



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