Weitere Länder haben sich kritisch zum vorgeschlagenen THC-Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum im Straßenverkehr geäußert. Neben Schleswig-Holstein positionierte sich auch die Stadt Hamburg klar gegen das Ergebnis der Expertenkommission. Das schleswig-holsteinische Wirtschaftsministerium, das auch für den Bereich Verkehr zuständig ist, erklärte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Das oberste Gebot auch bei dieser Diskussion muss immer die Verkehrssicherheit sein. Die Landesregierung Schleswig-Holstein hat sich eindeutig zur Vision Zero bekannt. Eine Erhöhung des Grenzwerts wirkt da kontraproduktiv.“

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Der THC-Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum wurde von einer unabhängigen Expertenkommission vorgeschlagen. Bisher gibt es keinen gesetzlich festgelegten Grenzwert für Cannabis am Steuer. In der Rechtsprechung hat sich der Wert von 1,0 Nanogramm pro Milliliter Blutserum durchgesetzt. Wird dieser Wert überschritten, drohen dem Autofahrer oder der Autofahrerin Sanktionen.

Drei Bundesländer gegen höheren THC-Grenzwert

Über die Anhebung des THC-Grenzwerts wird in Fachkreisen seit Jahren diskutiert. Hintergrund ist, dass der Cannabiswirkstoff THC und seine Abbauprodukte gerade bei regelmäßigem Konsum deutlich länger nachweisbar sind als beispielsweise Alkohol. Der strafrechtlich relevante Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum ist laut Verkehrsexpertinnen und -experten so niedrig, dass er nur den Konsum von Cannabis nachweise. Ob aber eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung der Droge vorliegt, verrate er nicht. Laut der Expertenkommission handelt es sich beim vorgeschlagenen Wert von 3,5 Nanogramm je Milliliter Blutserum um eine konservative Lösung. Vergleichbar sei das Risiko mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille.

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Anfang der Woche hatten sich bereits die Innenminister von Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen gegen eine Anhebung des THC-Grenzwerts ausgesprochen. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens sagte dazu: „Wir müssen leider davon ausgehen, dass die Zahl der Unfälle unter Cannabiseinfluss künftig zunehmen wird.“ Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) argumentierte ebenfalls mit einer schwindenden Verkehrssicherheit. Er forderte, die Entscheidung über eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes dem Bundesrat zur Zustimmung vorzulegen und kündigte Widerstand gegen die Anhebung an.

Schleswig-Holstein fordert null Toleranz für Fahranfängerinnen und Fahranfänger

Das schleswig-holsteinische Wirtschaftsministerium brachte nun weitere Bedenken zum Ausdruck. „Noch gar nicht aufgegriffen wurde bisher auch ein absolutes Cannabisverbot für Fahranfängerinnen und Fahranfänger sowie für Fahrzeugführer von Gefahrguttransporten. Hier gilt eine 0,0-Promille-Grenze, eine Nulltoleranz bei Cannabis fehlt im bisherigen Gesetzentwurf.“

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Eine klare Positionierung gab es auch seitens der Hamburger Behörde für Inneres und Sport. Diese sprach sich für die Beibehaltung des analytischen Grenzwerts von 1,0 Nanogramm pro Milliliter THC im Blutserum aus. „Eine Grenzwerterhöhung vermittelt Konsumenten, dass auch regelmäßiger Konsum einer Teilnahme am Straßenverkehr nicht entgegensteht. Das Gegenteil ist der Fall“, so die Behörde. Die Polizei lehne den Konsum von Cannabis unter Gesichtspunkten der Verkehrssicherheit weiterhin ab.

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Brandenburg kritisiert überstürzte Entscheidung

Das brandenburgische Infrastrukturministerium positionierte sich nicht klar zum ermittelten THC-Wert von 3,5 Nanogramm je Milliliter Blutserum. Es betonte aber, dass es grundsätzlich keinen Platz für Drogen und Medikamentenmissbrauch im Straßenverkehr gebe. Zudem übte das Ministerium Kritik an der Entscheidung der Bundesregierung. Hinsichtlich des THC-Grenzwerts sei „kritisch festzustellen, dass diese wichtige Frage nicht bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens durch umfassende medizinische Gutachten und fachliche Expertise geklärt worden ist. Unter anderem deshalb wäre es sachgerecht gewesen, das Gesetz nicht überstürzt bereits zum 1. April 2024 in Kraft treten zu lassen.“



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