München – Mit dem Start in den Frühling haben Partner- und Singlebörsen wieder Hochkonjunktur. Die Anmeldungen steigen. Viele Männer, aber auch Frauen wollen per Internet die große Liebe finden. Allerdings wissen das auch Gauner, die mit Fake-Profilen locken und es nur auf eines abgesehen haben, auf das Geld einsamer Herzen.
Scammer nennen Fahnder die skrupellosen Trickbetrüger, die mit der Sehnsucht nach Nähe und Liebe Millionen machen. Alleine in München waren es im vergangenen Jahr nach Angaben der Polizei knapp 500.000 Euro. Tatsächlich dürfte der Schaden viel höher liegen. Die meisten Opfer schweigen aus Scham und trauen sich nicht, bei der Polizei Anzeige zu erstatten. Nur 45 Geschädigte haben 2023 Anzeige im Präsidium erstattet. “Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen”, schätzt Polizeisprecher Tobias Schenk. Bei der Kripo nennt man die Betrugsmasche Romance- oder Love-Scamming.
Ermittler aus München warnen vor Dating-Plattformen: Auch Männer tappen öfters mal in die Falle
Die Opfer sind, so die Erfahrung der Münchner Ermittler, zu etwa zwei Drittel alleinstehende Frauen, doch auch Männer tappen immer öfter in die Falle von Love-Scam-Frauen. “Die Täter spielen mit den Gefühlen ihrer Opfer. Sie täuschen eine Illusion von der großen Liebe vor, sie stillen die Sehnsucht nach Zuneigung und Geborgenheit”, warnen Psychologen.
“Wenn das Herz jubelt, schweigt bei vielen leider der Verstand”, sagt ein Münchner Fahnder. Opfer finden sich in allen Altersklassen, in allen Berufsgruppen und gesellschaftlichen Schichten. Eine Münchnerin um die 50 Jahre überwies ihrer großen Liebe nach kurzer Zeit bereits rund 10.000 Euro. Der Mann hatte sich als Pilot ausgegeben und ihr das Blaue vom Himmel versprochen. Alles Schwindel, am Ende war der Lover aus dem Internet abgetaucht und mit ihm das Geld der alleinerziehenden Mutter.
Ein Warnsignal ist, so sagt Tobias Schenk, wenn nach ganz kurzer Zeit ellenlange Mails kommen mit schwülstigen Liebesschwüren und überbordenden Liebeserklärungen. Die Scammer bezeichnen ihre neuen Partner schon nach ganz kurzer Zeit als “Ehemann” oder “Ehefrau” und schmieden Heiratspläne. Meist folgt die Bitte um Geld oder ein Visum. Ziel ist immer, angeblich eine gemeinsame Zukunft aufzubauen.
Typische Masche: Auf Messenger-Dienste locken
Die Scammer verstehen es, in ganz kurzer Zeit eine Atmosphäre der Geborgenheit zu schaffen. Die Opfer werden geradezu süchtig nach ihren Schmeicheleien und Komplimenten. Psychologen sprechen von emotionaler Abhängigkeit.
Zudem versuchen die Scammer möglichst schnell, den Kontakt mit ihren Opfern auf Messengerdienste oder private E-Mails umzulenken. Oft heißt es, man könne sich freier und ungezwungener unterhalten. Männliche Scammer behaupten gerne, sie seien Piloten, Ärzte, Ingenieure in der Gas- und Erdölbranche oder auch Soldaten im Auslandseinsatz. Scammer nutzen in ihren Profilen häufig Fotos von Männern in Uniform. Das macht Eindruck und soll Vertrauen wecken.
Das Leben des Scammers erscheint aufregend, exotisch. “Traumtypen, vor Traumkulisse mit Traum-Leben”, bringen es Fahnder auf den Punkt. Die Fotos, die sie verwenden, sind allerdings meist genauso falsch wie der Rest ihrer Vita. Die Romeos verschicken Blumen, machen Geschenke – nur zu einem Treffen in der realen Welt kommt es nie, erzählen Opfer bei der Polizei. Immer kommt im letzten Moment etwas dazwischen, eine Geschäftsreise, ein neuer Job auf einer Ölplattform irgendwo weitab jeder Küste in Übersee.
Manche Opfer berichten, sie hätten mit ihrer neuen Liebe regelmäßig telefoniert: meist über Skype ohne Videocall. Vor allem weibliche Scammer locken mit sexy Outfits, machen erotische Avancen und versuchen, Männer zu kompromittierenden Videos zu überreden. Mit den Aufnahmen können sie die Opfer später erpressen. Die Trickbetrüger drohen, die Aufnahmen online zu stellen.
Traumtypen, vor Traumkulisse mit Traum-Leben
Scammer zeigen ein unglaubliches Interesse an ihrem Gegenüber, nicht ohne Hintergedanken: Unauffällig fragen sie dabei nach persönlichen Daten, Passwörtern und Ähnlichem. Nach Hobbys, ehemaligen Partnern, Kindern, Freunden – auch Religion spielt meist eine wichtige Rolle. Das Interesse schmeichelt den Opfern, sie fühlen sich angenommen, gehört und wertgeschätzt, erklären Psychologen.
Manche geben sich als afrikanische Prinzen aus. Die Spuren führen nach Erkenntnissen des Präsidiums oft nach Nigeria und Ghana, wo die Betrüger leben. Sie behaupten, sie seien steinreich, hätten aber familiäre Probleme, Erbschaftsstreitigkeiten oder Konflikte im Familienunternehmen. Immer geht es um eine vorübergehende finanzielle Notlage, in der sie die Hilfe ihrer “neuen Liebe” brauchen.
Scam-Frauen leben laut Polizei hingegen oft in den Staaten Osteuropas, in Südostasien oder in südamerikanischen Ländern. Die Gaunerinnen geben sich dabei gerne als Ärztinnen, Krankenschwestern, Lehrerinnen oder Geschäftsfrauen aus. “Scam-Frauen locken ihre Opfer bevorzugt mit schönen Fotos”, erklärt Tobias Schenk, “auf denen sie oft leicht bekleidet zu sehen sind.”
Vor allem bei Singlebörsen, die von ihren Kunden keine Mitgliedsbeiträge oder Gebühren verlangen, ist das Risiko hoch, auf ein Fakeprofil hereinzufallen. Die großen Anbieter wie Parship oder Elitepartner versuchen, Fakeprofile zu eliminieren und die User mit 2-Faktor-Authentifizierung und ähnlichen Mechanismen zu schützen.
“Wenn es um Geld geht: Auf die Bremse treten!”
Parship beispielsweise appelliert an seine Kunden: “Falls dir bei einem Kontakt etwas merkwürdig vorkommt, wenn es plötzlich um Geld geht oder dich etwas anderes misstrauisch macht, dann trete auf die Bremse. Brich bitte umgehend den Kontakt ab und leite solche E-Mails an unseren Kundenservice weiter.”
Über Netzwerke oder Dating-Seiten kommen Scammer an Mailadressen. Eine knappe Mail mit einer Einladung zum Chat dient als Lockmittel. Da die Betrüger oft mit deutschen Mailadressen arbeiten, ist selten ersichtlich, dass sich hinter den netten Zeilen ein Scammer verbirgt.
Finger weg von Chatnamen mit ungewöhnlichen Zeichen (z. B. Prozentzeichen) – diese schicken mit ihren Nachrichten Software mit, die Ihrem Computer schaden kann. An der Sprache: Die Betrüger kommunizieren meistens in gutem Englisch. Insider gehen davon aus, dass rund 95 Prozent der Englisch sprechenden Kontakte auf deutschen Dating-Seiten Romance- oder Love-Scammer sind.
Gelockt wird mit Prunk und Luxus
Allerdings gibt es auch viele, die perfekt Deutsch sprechen. An den Bildern: Die Scammer locken ihre Opfer mit Aufnahmen von exotischen Ländern, mit Prunk und Luxus. Die angeblichen Porträts stammen oft nicht von ihnen selbst, sondern wurden von anderen Profilen heruntergeladen und gestohlen.
Mit der Bilder-Rückwärtssuche bei Google lässt sich herausfinden, ob die Fotos bereits anderweitig verwendet wurden. An den Wünschen: Der Scammer will immer etwas: Stets kommen schnell Bitten und Forderungen, manchmal sogar nach einem gemeinsamen Konto. Es gibt viele Gründe, das Opfer um Geld zu bitten. Weigert es sich, Geld zu schicken, finden Betrüger andere Wege. Gefälschte Schecks, die in Deutschland eingezahlt werden sollen, gehören dazu. Momentan sehr stark ausgeprägt ist der Wunsch nach einer Einladung nach Deutschland.
Scam-Frauen erbetteln sich oft Einladungen nach Deutschland
Hier wollen die Betrüger nicht nur auf Kosten ihrer Opfer leben, sondern auch weiterhin im Auftrag der sogenannten “Nigeria Connection” tätig sein. Die Betrüger schaffen es auch, geschickt die Opfer für ihre Zwecke zu missbrauchen, beispielsweise sollen diese Briefe oder Päckchen an dritte Personen verschicken. Scam-Frauen erbetteln sich häufig Einladungen nach Deutschland.
Oft geben die Betrüger vor, ein gemeinsames Konto mit dem Opfer eröffnen zu wollen und bitten um Kopien von Ausweisen. Die Daten werden für Fälschungen von Pässen genutzt, warnt die Kripo.