„Lieber Ansitz- oder Treibjagd?“, fragt Caren Miosga den passionierten Jäger und Finanzminister Christian Lindner (FDP) zu Beginn ihrer Sendung. „Zerbricht die Ampel am Geld, Herr Lindner?“ ist aber die zentrale Frage an diesem Sonntagabend. Eingeladen sind nicht nur der Bundesfinanzminister der Ampel-Koalition, sondern auch der Professor für Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Jens Südekum, und die stellvertretende Leiterin des Hauptstadtbüros des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND), Kristina Dunz.

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Warum Miosga Lindner zur Jagd befragt, wird dann spätestens nach acht Minuten klar. Denn der Minister besitzt zwar einen Jagdschein, Miosga will aber auf etwas anderes hinaus: „Um im Bild zu bleiben: Wir haben festgestellt, dass sie im Moment die Schrotflinte rausholen“, sagt die Moderatorin und meint damit die zahlreichen Interviews, die Lindner in den vergangenen Tagen gegeben hat. „Wie verzweifelt sind Sie, Herr Lindner?“, fragt sie mit Blick auf die Forderungen der FDP zum Update eines Bürgergeldes, den Zweifeln am Kohleausstieg 2030 oder der Kritik, die Kindergrundsicherung sei ein „Bürokratiemonster“.

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Er sei gar nicht verzweifelt, wehrt sich Lindner direkt. Doch er sorge sich um das wirtschaftliche Fundament Deutschlands. „Ich mache Vorschläge, wie wir dieses wirtschaftliche Fundament wiedergewinnen“, so der Finanzminister.

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Lindner: „Wer hat in den letzten Wochen blockiert?“

Dann will Miosga wissen, wie Lindner mit dem Vorwurf umgeht, die FDP sei eine Opposition innerhalb der eigenen Koalition. „Das ist so ein Narrativ, das höre ich regelmäßig“, sagt Lindner und sieht den Fehler eher im Verhalten der anderen Ampel-Parteien. „Wer hat in den letzten Wochen blockiert, dass die Bezahlkarte für Asylbewerber kommt? Wer blockiert die rückwirkende Senkung bei der Steuer? Wieso wird das noch blockiert?“, fragt der FDP-Chef und schaut dabei nicht nur Miosga, sondern auch das Publikum an. Lindner ist sich sicher: Der Vorwurf, die FDP sei Opposition in der Regierung, treffe den Sachverhalt nicht.

Der FDP-Chef zeigt auch, wie sehr ihn die Streitereien innerhalb der Ampel-Koalition anstrengen. „Glauben Sie mir, ich spüre jeden Tag die Grenzen, an die wir stoßen, weil es sehr unterschiedliche Auffassungen gibt, wie die Menschen leben wollen und wie die Wirtschaft funktioniert, was die Gesellschaft braucht“, sagt er. Aber trotz dieser Grenzen habe es die Koalition bisher immer geschafft, auf einen Nenner zu kommen.

Scheut Lindner die Diskussion mit einem Experten?

Auf einen Nenner kommt Lindner in der Sendung allerdings nicht mit dem Professor für Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Jens Südekum. Der Professor fordert eine Reformierung der Schuldenbremse – und da hält Lindner klar dagegen. „Die Schulden von heute sind die Steuererhöhungen von morgen“, sagt er zu diesem Vorhaben.

Südekum hingegen betont, es gehe nicht darum, die Schuldenbremse abzuschaffen. „Es geht darum, eine Reform hinzubekommen, dass wir deutlich mehr Investitionen in die Zukunft stemmen können“, sagt er. Außerdem begehe der Finanzminister bei der Schuldenbremse einen Denkfehler, indem er „Strukturreformen mit einem Sparkurs kombinieren will.“

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Doch von diesen Argumenten Südekums scheint Lindner nichts hören zu wollen. Er wirft Südekum vor, nicht nur als Wissenschaftler zu argumentieren. „Sie haben jetzt gesprochen wie das SPD-Mitglied Südekum und nicht wie der Professor Südekum“, sagt er nach Südekums Erklärung zur Reformierung. Und ja, der Professor ist tatsächlich ein SPD-Mitglied. Trotzdem entsteht so der Eindruck, Lindner rette sich mit diesen Schuldzuweisungen vor einer konstruktiven Diskussion mit einem Experten.

Dunz: „Lassen Sie die Koalition nun platzen, oder nicht?“

Etwas abgeklärter geht die stellvertretende Leiterin des RND-Hauptstadtbüros, Kristina Dunz, den Finanzminister und dessen Wirkung um. Mit Blick auf die Diskussion zum Bürgergeld fragt Miosga in die Runde, ob es innerhalb der Ampel einen Konsens zu diesem Thema gebe. „Da sind wir bei einem Kernproblem dieser Koalition“, sagt Dunz. Denn die Koalition kommuniziere nicht miteinander. „Es geht immer nur über Bande“, fasst die Journalistin die Situation und das Verhalten der Parteien zusammen.

Außerdem stellt Dunz am Ende die Frage, die stellvertretend für das Thema der Sendung gewertet werden kann. „Lassen Sie die Koalition nun platzen, oder nicht?“, will sie von Lindner mit Blick auf die Verhandlungen für den Haushalt 2025 wissen. „Ich habe natürlich das Ziel, einen guten Haushalt vorzulegen“, antwortet Lindner darauf und ergänzt, er sei sich sicher, dass sich diese Frage hier nicht so stelle.

Nun, eine eindeutige Antwort ist das nicht. Auch die Frage, ob die Ampel zerbricht, wurde an diesem Abend nicht beantwortet. Eine interessante Treibjagd im Studio der ARD war die Sendung trotzdem.



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