Kiel. Es hätte so schön sein können. „Für uns haben (früh-) kindliche Bildung und Chancengerechtigkeit von Kindern einen hohen Stellenwert“, verkündeten CDU und Grüne in Schleswig-Holstein im Juni 2022 in ihrem Koalitionsvertrag. Man habe „den festen Willen, im Bereich Kita zu weiteren Verbesserungen zu kommen“. Keine zwei Jahre später steht fest: Die schwarz-grüne Landesregierung von Daniel Günther hat die Kita-Politik vor die Wand gefahren.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

So lange man mit den Millionen aus Corona-Notkrediten etwa für neue Polizistenstellen und Öko-Förderprogramme um sich werfen konnte, war die Welt noch in Ordnung. Das waren eindeutig die falschen Schwerpunkte. Seit das Bundesverfassungsgericht dieser Art der Geldbeschaffung an der Schuldenbremse vorbei einen Riegel vorgeschoben hat, herrscht jetzt angesichts eines Milliarden-Lochs im Haushalt die nackte Panik. Sofort nahmen die Christdemokraten koalitionsintern das Sozialressort von Grünen-Ministerin Aminata Touré ins Visier. Ließe sich dort nicht noch ein stattliches Sümmchen einsparen?

Beitragserhöhungen für Eltern und Abbau von Qualitätsstandards

Würde Touré die Beteuerungen im Grünen-Wahlprogramm, wie bedeutsam eine gute und bezahlbare frühkindlichen Bildung sei, ernst nehmen, hätte sie sofort protestieren müssen. Stattdessen schob sie erst einmal die genaue Ermittlung der Kita-Kosten auf die lange Bank, die den Kommunen von der Jamaika-Vorgängerregierung in ihrer großen Kita-Reform zugesagt worden war. Nicht ohne Grund wie sich bei der Vorlage jetzt im Frühjahr zeigte. 130 Millionen Euro müsste das Land sogar noch zusätzlich in die Kitas pumpen. Touré reagierte prompt – und kündigte stattdessen kaum noch verklausuliert Beitragserhöhungen für die Eltern und einen Abbau von Qualitätsstandards in den Kitas an.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Dabei wollten doch auch die Grünen die Elternbeiträge schon mittelfristig ganz abschaffen. Versprochen – gebrochen. Da passt es ins Bild, dass jetzt auch der Plan der Landesregierung gescheitert ist, die Personalnot der Kitas durch den Einsatz ungelernter Kräfte zu lindern. „Helfende Hände“ werden sie genannt, so als dürfe man es den Bürgern wie einem Kleinkind nur verniedlichend beibringen, dass künftig ein sauberes Führungszeugnis ausreichen soll, um einen Erzieherjob erledigen zu dürfen. Weil Kiel verlangt, diese Ungelernten nicht zusätzlich zum Stammpersonal, sondern als Ersatz einzustellen, ziehen die Kitas aber nicht mit.

Tourés Schweigen macht die Sachen nicht besser

Auch hierzu schweigt Touré. Bei den Kita-Trägern resignieren sie angesichts von so viel politischem Unwillen allmählich. Gerade angesichts drohender Spar-Runden wäre es wichtig, mal wieder einen Minister zu haben, der sich für die Belange von Kindern und Kitas interessiert, heißt es bei den Wohlfahrtsverbänden hinter kaum noch vorgehaltener Hand. Auch hier ist der Vertrauensverlust offenbar immens.

Das alles ist umso bitterer, als eine Stärkung von Kitas und Bildung gerade in den vielen aktuellen Krisen das Gebot der Stunde wäre. Was gibt es denn Nachhaltigeres, als dafür zu sorgen, dass die nächste Generation noch besser ausgebildet, gemeinsam und mutig Lösungen für all die technischen und gesellschaftlichen Probleme der Zeit findet? Und seien wir ehrlich: Wo sollte eine in ihrer politischen Macht ansonsten doch sehr begrenzte Provinzregierung denn sonst einmal einen wirklich wichtigen Akzent setzen?

LN



Source link www.ln-online.de