Berlin. Innenpolitiker und Stiftungsmitglieder haben mit deutlichen Worten auf die Ermittlungen gegen hunderte Polizeibeamte wegen rechtsextremer Gesinnung reagiert. „Es ist besonders problematisch, wenn Menschen mit verfassungsfeindlichen Einstellungen den Staat repräsentieren und außerdem Zugänge zu Waffen oder auch zu Daten von Bürgerinnen und Bürgern haben“, sagte Irene Mihalic, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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Eine Anfrage des „Stern“-Magazins bei den 16 Landesinnenministerien hatte ergeben, dass derzeit gegen 400 Polizeibeamte ein Ermittlungs- oder Disziplinarverfahren wegen rechtsextremer oder verschwörungsideologischer Gesinnung läuft. Die Innenministerien von Bremen, Thüringen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern lieferten keine konkreten Zahlen. Die tatsächliche Zahl der betroffenen Polizeibeamten dürfte somit noch deutlich höher liegen. Der Bundespolizeibeauftragte Uli Grötsch hatte dem „Stern“ gesagt, dass die Gefahr durch rechtsextremes Gedankengut in der Polizei größer denn je sei. „Wir leben in Zeiten, in denen von Rechtsextremen gezielt versucht wird, die Polizeien zu destabilisieren.“

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Throm, relativierte die Aussage gegenüber dem RND: „Ich persönlich würde mir auch vom neuen Polizeibeauftragten des Bundes ein bisschen mehr Sachlichkeit in dieser Angelegenheit und ein besseres Auge für das große Ganze wünschen.“

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Throm stellte klar, dass jeder Fall von Rechtsextremismus unter Polizisten einer zu viel sei. „Wir müssen die Lage ernst nehmen, aber dürfen sie nicht dramatisieren und schon gar keinen Generalverdacht gegen unsere Sicherheitskräfte daraus ableiten.“

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Stiftung sieht „strukturelle Probleme“ in der Polizei

Die Amadeu Antonio Stiftung, die sich unter anderem gegen Rechtsextremismus einsetzt, sieht hinter den Fällen dagegen „strukturelle Probleme“ innerhalb der Polizei und warnt vor einer Bagatellisierung rechtsextremer Einstellungen. „Nahezu im Wochentakt werden neue Fälle von rechtsextremen Chatgruppen bekannt“, sagte Stiftungssprecher Lorenz Blumenthaler dem RND. „Hinzu kommt ein Korpsgeist innerhalb der Polizei, der rechtsextreme Umtriebe eher deckt, sowie fehlende Meldestrukturen.“

Blumenthaler forderte eine konsequente Ermittlung und Bestrafung der betroffenen Polizisten. „Es müssen unabhängige Melde- und Whistleblower-Strukturen geschaffen werden, am besten außerhalb der Polizei, sodass Polizisten die Möglichkeit haben, auf rechtsextreme Umtriebe aufmerksam zu machen, ohne dafür sanktioniert zu werden.“ Positiv hob er die Reform des Disziplinarrechts vor. Dieses trat zum 1. April in Kraft und ermöglicht es, Extremisten schneller aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen.

Irene Mihalic war einst selbst Polizistin und warnt vor den Gefahren von Verfassungsfeinden in der Polizei.

Irene Mihalic war einst selbst Polizistin und warnt vor den Gefahren von Verfassungsfeinden in der Polizei.

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Grüne Mihalic: Bundesländer sollen Disziplinarrecht durchsetzen

Auch die Grünen-Abgeordnete und Polizeibeamtin Mihalic verwies auf das verschärfte Disziplinarrecht: „Ich setze darauf, dass nach der Veröffentlichung der neuen Zahlen durch die Innenminister der Länder auch die Bundesländer diesen Weg beschreiten. Der Staat muss konsequent verdeutlichen, dass er es nicht duldet, wenn Feinde der Verfassung ihn repräsentieren. Das gilt vor allem für die Sicherheitsbehörden.“



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