Der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron soll seiner Partei Auskunft über Vorwürfe geben, die gegen ihn in einer tschechischen Zeitung im Zusammenhang mit russischen Desinformationskampagnen erhoben werden. In einem Schreiben des Bundesgeschäftsführers Hans-Holger Malcomeß wurde Bystron mitgeteilt, dass ihn die beiden Co-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla auffordern, zu allen gegen ihn gerichteten Behauptungen bis Donnerstag eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Dabei nimmt die Parteiführung unter anderem Bezug auf einen Bericht über eine Audioaufzeichnung, die Bystron angeblich belasten soll.

In dem Bericht der tschechischen Zeitung Denník N heißt es unter Berufung auf Geheimdienstkreise, Bystron stehe im Verdacht, mit dem prorussischen Netzwerk Voice of Europe in Kontakt gestanden zu haben. Möglicherweise habe er auch Geld entgegengenommen. Das Portal Voice of Europe hat unter anderem Interviews mit Bystron sowie dem AfD-Politiker Maximilian Krah verbreitet. Die beiden stehen an der Spitze der Kandidatenliste der AfD zur Europawahl.

Bereits vergangene Woche hat Tschechiens Regierung Betreiber und Hintermänner der Internetplattform wie den Putin-Vertrauten Wiktor Medwedtschuk auf die nationale Sanktionsliste gesetzt. Sie sollen versucht haben, über Interviews mit prorussischen Politikern Stimmung gegen die Unterstützung der Ukraine in Europa zu machen – und das kurz vor den Europawahlen.

Bystron dementiert Vorwürfe

Wie Denník N nun unter Berufung auf mehrere Minister berichtete, soll auf der entsprechenden Kabinettssitzung auch Bystrons Name gefallen sein. “Es wurden uns Informationen gegeben, dass Bystron ein Verdächtiger sei. Und der Beweis sollen Audioaufnahmen sein”, habe demnach ein Minister gesagt. “Sie können die Übergabe von Geld als Audio belegen”, wurde ein weiteres Regierungsmitglied in dem Bericht zitiert, das auf entsprechende Angaben des Chefs des Inlandsgeheimdienstes verwies. Vorgespielt wurde die Aufnahme auf der Sitzung demnach nicht.

Dass sich die Parteikollegen angesichts der Medienberichte aus erster Hand informieren wollten, sei normal und richtig, sagte Bystron der Nachrichtenagentur dpa. Bisher handele es sich allerdings lediglich um “unbewiesene Anschuldigungen und Behauptungen”. Seinen Angaben zufolge soll es demnächst auch ein persönliches Gespräch mit der AfD-Parteispitze geben.

Im Gespräch mit den Funke-Zeitungen wies Bystron die Berichte zudem deutlich zurück. “Ich habe
kein Geld angenommen, um prorussische Positionen zu vertreten”, sagte er. Den tschechischen Geheimdienst forderte er auf,
den “angeblichen Audiomitschnitt” vorzulegen.

“Auch strafrechtliche Konsequenzen kommen in Betracht”

Die Grünen forderten wegen der Bestechungsvorwürfe gegen Bystron staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. “Dieser Fall muss umgehend tatsächlich und strafrechtlich aufgeklärt werden”, sagte Konstantin von Notz, Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Es seien “höchste sicherheitspolitische Belange der Bundesrepublik” betroffen.

FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle nannte es einen “Paukenschlag”, wenn neue Erkenntnisse nun zeigten, wie ein AfD-Abgeordneter direkte finanzielle Zuwendungen aus dem Umfeld des russischen Staates annehme. In diesem Fall müsse die Bundestagspräsidentin einen Verstoß gegen das Abgeordnetengesetz oder das Parteiengesetz prüfen und “wenn die Voraussetzungen vorliegen, harte finanzielle Sanktionen gegen den Abgeordneten verhängen”, sagte Kuhle dem RND. Auch strafrechtliche Konsequenzen, “etwa wegen Bestechlichkeit und Landesverrat”, kämen in Betracht.

Zudem forderte er Bystron zum Rücktritt auf. “Wer sich von Diktatoren schmieren lässt, kann nicht länger Mitglied des Deutschen Bundestages sein”, sagte Kuhle. Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiteten, müsse Bystron sein Mandat sofort niederlegen.

“Von parlamentarischen Initiativen bis Spionage ist alles denkbar”

Auch die Linkeninnenpolitikerin Martina Renner forderte Ermittlungen. Wenn die Erkenntnisse über Geldzahlungen an aktive Parlamentarierinnen und Parlamentarier wirklich “so konkret” seien, müssten unverzüglich Ermittlungen auch von deutschen Behörden eingeleitet und die Aufhebung der Immunität geprüft werden, sagte sie dem RND. “Es ist überfällig, dass korrupte Parlamentarier und Parteien ernsthafte Konsequenzen spüren müssen.”

Über die Gegenleistungen, die für das Geld erbracht worden seien, wisse man noch zu wenig, sagte Renner. “Von parlamentarischen Initiativen als Auftragsarbeit bis Spionage ist alles denkbar.” Aus anderen Bestechungskomplexen wisse man zudem, “dass oft nicht nur eine Partei betroffen ist”, sagte Renner.



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