Pasing – Letzten Sommer sagte Immobilien-Experte Marc Bucher dem Portal Immobilienmarkt: “Pasing hat das Potenzial ein zweites Stadtzentrum zu werden”. Doch nur acht Monate später sieht die Lage nicht danach aus.

Es gibt immer mehr Leerstand im Münchner Westen. Ein Pasinger, der viel im Stadtteil herumkommt, diagnostiziert die “neue Pasinger Tristesse”. Der Hauptgrund: Die riesige Baustelle des Paseo Carré an der Ecke Landsberger Straße/Offfenbachstraße steht offensichtlich im Moment still. “Der Bauträger hat Probleme. Das Vorderhaus hat er verkauft, hier hat das Pasinger Sozialbürgerhaus im Februar eröffnet”, sagt Frieder Vogelsgesang (CSU) BA-Chef von Pasing-Obermenzing.

Die “Paseo Carré”-Baustelle mitten in München-Pasing: verlassen

Die Szenerie vor Ort wirkt gespenstisch: Schutt und Baumaterial liegen zwischen zwei großen Gebäuden im Rohbau. Manche Fenster haben einen Rahmen, bei anderen blickt man auf nackten Beton. Die riesige verwaiste Baustelle wirkt jedenfalls entsetzlich trist. Am hinteren Teil des Projekts “Paseo Carré”, in dem 200 Wohnungen entstehen sollten, ist beim AZ-Besuch kein Bauarbeiter zu sehen. Vom Bauzaun aus ist die verlassene Baustelle gut zu erkennen.

Eine Pasingerin, die mit ihrem Hund hier vorbeikommt, meint: “Die ausländischen Baufirmen sind abgezogen. Seitdem ist hier Stille.” Bauherr der Wohnungen des Paseo Carré ist übrigens M-Concept aus Grünwald – zu dem die verwaiste Baustelle “Sendlinger Loch” gehört.

Pasings Bezirkschef Vogelsgesang badet das Baustopp-Desaster indirekt mit aus. Denn fünf Käufer der Eigentumswohnungen, die bereits einen Kredit dafür aufgenommen haben, haben sich bei der letzten BA-Sitzung bei den Lokalpolitikern beschwert. Es kommen Briefe, auch bei der Bürgerversammlung meldeten sich besorgte Familien, die hier einziehen wollen. Zum Bauträger M-Concept sagt Vogelsgesang: “Leider können wir von der Stadtviertelpolitik nichts machen, wenn ein privater Investor nicht weiterbaut. Das ist jetzt wohl unser Pasinger Benko!” Thomas Hasselwander, Leiter des Pasinger Archivs, schätzt das Problem beim Paseo-Bau drastischer ein: “Das ist ein absoluter Skandal!”

Nur 200 Meter entfernt liegt das Kupa-Quartier, mit dem sich Pasing schmückt. Dazu gehört die frisch sanierte und denkmalgeschützte Kuvertfabrik. In das vortrefflich renovierte Büro-Gebäude ist jedoch erst auf einer Etage, auf 500 Quadratmetern, ein Mieter eingezogen. “Am Briefkasten steht bislang nur ein Name”, bestätigt der zuständige Postbote. Eigentlich ist das schade.” Der Eigentümer, die Stadtsparkasse, teilt der AZ mit: “4000 Quadratmeter in der Kuvertfabrik sind noch zu vermieten.” Das Gebäude ist seit einem Jahr fertig renoviert. Loftartige große Büros warten in Pasing auf Mietinteressenten. Auch das historische Kesselhaus daneben hat noch keinen Mieter – ein kleines Café oder ein Restaurant könnten hier öffnen.

Pasinger Marienplatz: “Alle Pläne sind fallengelassen worden”

Nahe des Pasinger Marienplatzes steht das denkmalgeschützte frühere Polizeigebäude seit Jahren leer. Es hat einen Turm, einen Erker und ein schmuckes Portal zum Innenhof. Das große Haus, Adresse Institutsstraße 1, gehört den Nonnen der Congregatio Jesu. Pasings Bezirksausschuss-Chef informiert: “Die Schwestern haben versucht, das Gebäude für eine Schulnutzung zu vermieten. Wegen den Umbauten war es schwierig. Jetzt haben sie alle Pläne fallengelassen mit dem Haus.”

Das ehemalige Polizeigebäude von Pasing, denkmalgeschützt – und leer. Seit die Polizei ausgezogen ist, kam niemand mehr nach.
Das ehemalige Polizeigebäude von Pasing, denkmalgeschützt – und leer. Seit die Polizei ausgezogen ist, kam niemand mehr nach.
© est
Das ehemalige Polizeigebäude von Pasing, denkmalgeschützt – und leer. Seit die Polizei ausgezogen ist, kam niemand mehr nach.

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Eine junge Mutter, die gerade mit ihrem Baby von der Baby-Massage in der Helios-Klinik kommt, kann das nicht begreifen: “Ich finde es wichtig, dass so schöne alte Gebäude für Wohnraum hergerichtet werden. Wieso kauft es nicht die Stadt und stellt alleinerziehenden Müttern bezahlbare Wohnungen zur Verfügung?”, schlägt die Pasingerin vor. Oder: “Die Kirche könnte es ja auch herrichten – zum Beispiel als Mietshaus für Menschen, die in sozialen Berufen arbeiten. In München fehlen inzwischen Kitaplätze, weil die Erzieherinnen nicht da sind, die sich die teuren Wohnungen hier leisten können.”

Das historische Kopfmiller-Haus am Pasinger Marienplatz aus dem Jahr 1912, ein früheres Kaufhaus. Es steht zum großen Teil leer und ist sanierungsbedürftig. Bis 1992 konnte man hier Stoffe, Knöpfe und Nähzubehör kaufen.
Das historische Kopfmiller-Haus am Pasinger Marienplatz aus dem Jahr 1912, ein früheres Kaufhaus. Es steht zum großen Teil leer und ist sanierungsbedürftig. Bis 1992 konnte man hier Stoffe, Knöpfe und Nähzubehör kaufen.
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Das historische Kopfmiller-Haus am Pasinger Marienplatz aus dem Jahr 1912, ein früheres Kaufhaus. Es steht zum großen Teil leer und ist sanierungsbedürftig. Bis 1992 konnte man hier Stoffe, Knöpfe und Nähzubehör kaufen.

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Am Pasinger Marienplatz, dem zentralen Platz der früheren Stadt Pasing, ist das ehemalige Kaufhaus Kopfmiller beinahe unbewohnt. “Das Haus ist von außen recht schön, innen aber nicht. Das ist meine aktuelle Info. Eine Erbengemeinschaft mit über 15 Leuten ist zuständig”, weiß Thomas Hasselwander, Leiter des Pasinger Archivs. Bis 1992 sind in dem fünfgeschossigen Eckbau zur Gleichmannstraße Stoffe, Knöpfe und Nähzubehör verkauft worden. Das Jugendstilgebäude von 1912 ist renovierungsbedürftig. Heute hat im Erdgeschoss das Restaurant Mozzamo geöffnet – und eine Spielhalle mit zugeklebten Fenstern.

Auch dieser Leerstand beschäftigt die Pasinger: An der Maria-Eich-Straße hat der beliebte Tante Emma-Laden gegenüber der Maria-Eich-Apotheke 2022 zugemacht. “Ados feine Kost”, ein beliebter Nahversorger, ist ausgezogen. Das beliebte Lebensmittelgeschäft steht leer.

Seit Ende 2022 sind auch hier die Lichter aus: das ehemalige "Ados Feine Kost" am Mühlerweg. Das ganze Haus soll abgerissen werden.
Seit Ende 2022 sind auch hier die Lichter aus: das ehemalige “Ados Feine Kost” am Mühlerweg. Das ganze Haus soll abgerissen werden.
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Seit Ende 2022 sind auch hier die Lichter aus: das ehemalige “Ados Feine Kost” am Mühlerweg. Das ganze Haus soll abgerissen werden.

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Stadtteilpolitik sieht keine Handhabe gegen die Tristesse in München-Pasing

Die Vitrinen sind staubig, an einem großen Fenster sind die Rollläden unten. AZ-Abonnent Winfried Ehling (85) ist enttäuscht: “Der Ado fehlt mir wahnsinnig, der hatte Sickinger-Semmeln, guten Käse und Obst, jetzt muss ich bis in den Rewe fahren für meinen Einkauf”, bedauert er.

Das Ado-Haus, Ecke Mühlerweg, soll abgerissen werden. In den Neubau wollte Ado 2024 wieder einziehen. Doch auch hier: Absoluter Stillstand, nichts passiert. Nicht einmal der Abbruch. Winfried Ehling ist 1945 als Schüler nach Pasing gezogen. Sein bürgerlicher Stadtteil hat sich sehr verändert: “Ich hoffe auf ein neues Lebensmittelgeschäft. Überall wo ich in Pasing hingucke, sieht es jetzt anders aus”.

Gegen die Leerstands-Tristesse im Münchner Westen hat die Stadtteilpolitik keine Handhabe, die Stadtverwaltung aber schon. “Die Bürgerschaft beklagt sich über den Baustopp im Paseo. Aber wir können schlicht nichts machen” sagt Frieder Vogelsgesang. Die Stadt München könnte das allerdings schon. Der CSU-Mann vermutet persönlich: “Die Stadt wird so ein Projekt bestimmt nicht zurückkaufen. Dafür gibt es zu viele insolvente Bauherren in München.”





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