Stille Epidemie der Atemwege: Nicht nur Rauchen, auch Ernährung und Klimawandel schaden unserer Lunge

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    In der Pflanze steckt keine Gentechnik

    Aber keine Sorge:
    Gentechnish verändert

    sind die

Samstag, 30.03.2024, 07:00

In unserem Alltag sind wir einen ganzen Cocktail von Schadstoffen ausgesetzt, die für unsere Lunge schädlich sein können. Lungenexperte Ali Önder Yildirim erklärt, wie unser Lebensstil das Risiko für Lungenerkrankungen beeinflusst – und warum auch der Klimawandel eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt.

Wie wirkt sich die Luftqualität auf die Lungenfunktion aus?

Die Luftqualität hat einen großen Einfluss auf die Lungenfunktion. Insbesondere können Schadstoffe in der Außenluft wie Feinstaub, Stickoxide und Ozon die Atemwege reizen wie auch langfristig schädigen. Aber auch in Innenräumen kann es Belastungen geben: Das geht von schlechter Belüftung ganz allgemein über chemische Dämpfe oder andere Schadstoffe im Arbeitsumfeld bis zu Tierhaaren, Schimmel oder flüchtigen Verbindungen aus Haushaltsprodukten im privaten Umfeld.

Nicht zu vergessen der Klimawandel, der durch extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen oder Waldbrände diese Belastungen verstärkt. Das alles kann bei Menschen mit COPD, Asthma und anderen Atemwegserkrankungen zu akuten Verschlechterungen führen. Die häufigsten Symptome sind dann Husten, zunehmende Atemnot und allgemeine Müdigkeit und Abgeschlagenheit.

Was sind die Hauptumweltfaktoren, die Lungenkrankheiten wie COPD beeinflussen?

Das größte Übel ist nach wie vor Tabakrauch, sowohl aktives Rauchen wie auch Passivrauchen: Die Raucher:innen von früher sind die COPD- oder Lungenkrebs-Patient:innen von heute. Dazu kommen Allergene und Pollen bei Allergikern oder Asthmatikern. Und wir wissen inzwischen, dass die langfristige Belastung durch Schadstoffe in der Luft, insbesondere durch Feinstaub oder Gase wie Stickstoffdioxid, das Risiko für COPD erhöht.

Neuere Einflüsse sind z.B. E-Zigaretten. Erste wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass deren Aromen und Liquide atemwegsreizend und krebserregend wirken können. Hier fehlen allerdings noch umfangreiche Risikobewertungen.

Über den Experten Ali Önder Yildirim

Prof. Dr. Ali Önder Yildirim ist Direktor des Instituts für Lungengesundheit und Immunität (LHI) bei Helmholtz Munich – dem größten deutschen Zentrum zur Erforschung von Umwelteinflüssen auf die Gesundheit des Menschen und Direktor des Standorts München des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL), des CPC-M. Am LMU Klinikum München ist er Professor für Experimentelle Pneumologie und Mitglied im Vorstand der Stiftung Atemweg.

Können genetische Faktoren die Anfälligkeit für umweltbedingte Lungenerkrankungen erhöhen?

Ja, ganz allgemein kann die individuelle Ausprägung der Lungenfunktion durch verschiedene Gene beeinflusst werden. Konkret haben Menschen mit einer familiären Vorgeschichte von COPD, Asthma und Lungenkrebs ein höheres Risiko, diese Krankheiten zu entwickeln.

Gibt es eine Verbindung zwischen Lebensstil und dem Risiko für Lungenerkrankungen?

Der Lebensstil spielt eine große Rolle beim Risiko für Lungenerkrankungen. Tabakkonsum ist dabei der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung von COPD und Lungenkrebs. Nicht nur Zigaretten sondern jegliche Art von Tabakprodukten, aber eben auch E-Zigaretten erhöhen das Risiko. Nicht zuletzt erhöht andauernder Stress, mangelnde Bewegung und eine unausgewogene, ungesunde Ernährung mit zu viel gesättigten Fettsäuren und verarbeiteten Lebensmitteln das Risiko für Lungenerkrankungen.  

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Wie können moderne Technologien bei der Überwachung und Reduzierung der Exposition gegenüber schädlichen Umweltfaktoren helfen?

Moderne Technologien können auf verschiedene Weise das Risiko für Lungenerkrankungen verringern und verbessern. Mittlerweile gibt es verschiedene Apps oder Fitness Tracker oder KI-Anwendungen, die fast jeder nutzen kann. Sie liefern Informationen über die eigene Gesundheit oder auch zur Luftqualität, basierend auf Standortdaten.

Das kann jedem, aber vor allem chronisch Kranken helfen, sich über die Luftqualität in der jeweiligen Umgebung zu informieren und gegebenenfalls Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Global gesehen kann moderne Technologie die Luftverschmutzung weltweit überwachen, damit Regierungen Maßnahmen zur Luftreinhaltung planen und umsetzen können.

Welche präventiven Maßnahmen können individuell und gesellschaftlich ergriffen werden, um das Risiko für Lungenerkrankungen zu verringern?

Abgesehen von den bereits erwähnten Maßnahmen, wie nicht rauchen oder gesund ernähren, sehe ich eine große Notwendigkeit, die Menschen ganz allgemein zu informieren und zu sensibilisieren: Die Lunge ist ein faszinierendes, lebensnotwendiges Organ mit ihren feinen Verästelungen und ihren rund 300 Millionen Lungenbläschen pro Lungenflügel, die für den Gasaustausch, also das Atmen zuständig sind.

Und viele Prozesse in der Lunge sind selbst Mediziner:innen oder uns Forschenden noch völlig unbekannt. Vereinfacht gesagt nehmen Lungenkrankheiten immer mehr zu, gleichzeitig ist die Erforschung dieser Krankheiten eine eher junge Disziplin. Bis wir also exakt wissen, was in der Lunge passiert, kann auch ich nur immer wieder raten: Atmen Sie möglichst keine Schadstoffe ein, auch schon in jungen Jahren nicht – und leben Sie möglichst gesund!

Was sind die neuesten Forschungserkenntnisse zum Einfluss von Umweltfaktoren auf Lungenerkrankungen?

Am Institut für Lungengesundheit und Immunität (Helmholtz Munich) konnten wir nachweisen, dass insbesondere Feinstaub in der Lunge schädliche Viren aktiviert. Hält die Belastung an, verursacht das emphysemartige Veränderungen in der Lunge: Die Lungenbläschen blähen sich auf und können den nötigen Gasaustausch nicht mehr durchführen.

Bei COPD arbeiten wir an einem weltweiten COPD-Lungenzellen-Atlas. Das ist eine Art wissenschaftliche Landkarte, die uns zeigt, welche genetischen Faktoren auf der einen und welche Umweltfaktoren auf der anderen Seite zu dieser unheilbaren Krankheit führen.

Dank unserer Forschung sehen wir immerhin schon jetzt vielversprechende experimentelle Ansätze für eine Behandlung von COPD in der Zukunft. Und das ist eine wichtige Aufholjagd, denn die Patientenzahlen nehmen zu! Was wir brauchen ist Unterstützung, Zeit und viel Engagement.

Häufig gestellte Fragen zu diesem Thema


Was wäre, wenn es in unserem Alltag etwas gäbe, das unsere gesamte Gesundheit und unser Wohlbefinden tiefgreifend verändern könnte? Etwas, das das Risiko einer Entwicklung und Verschlechterung fast aller Krankheiten verringern könnte? Mit diesen beiden Fragen leitete kürzlich der Surgeon General – der formal „höchste“ Arzt in …

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Tobias Esch

Universitätsprofessor und Institutsleiter für Integrative Gesundheitsversorgung


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Dieser Text stammt von einem Expert aus dem FOCUS online EXPERTS Circle. Unsere Experts verfügen über hohes Fachwissen in ihrem Themenbereich und sind nicht Teil der Redaktion. Mehr erfahren.





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