München – Ohne Gummistiefel geht bei Philipp Zechmeister und Peter Kitzing garnichts: Beide sind Fischwirtschaftsmeister und arbeiten in der Fischzucht Aumühle – und versorgen so die Münchner und das Umland mit Saiblingen und Forellen. Und da kann es schon mal nass werden. Ihr Arbeitsplatz liegt in der Pupplinger Au im Naturschutzgebiet Isarauen.

Es ist grün, Wasser plätschert im Bach vorbei, 40 Teiche verteilen sich über das Gelände und dienen den Fischen sozusagen als Wohnzimmer. Die Fischzucht existiert bereits seit 101 Jahren und kommt idyllisch und natürlich daher. Und das ist den beiden Fischwirten auch wichtig. Noch viel Handarbeit prägt die Fischzucht, kaum industrielle Maschinen, ein eingeschworenes Team versorgt, verarbeitet und liefert die Fische aus.

Vom Ei bis zur Räucherforelle: Wenige Zentimeter sind die Fische in den Plastikwannen groß, die in der Aufzuchtstation stehen.
Vom Ei bis zur Räucherforelle: Wenige Zentimeter sind die Fische in den Plastikwannen groß, die in der Aufzuchtstation stehen.
© Sigi Müller
Vom Ei bis zur Räucherforelle: Wenige Zentimeter sind die Fische in den Plastikwannen groß, die in der Aufzuchtstation stehen.

von Sigi Müller

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In der Aumühle sorgen zwei nahe gelegene Quellen für frisches Wasser im Aumühlbach. Es ist reich an Nährstoffen und hat ganzjährig die gleiche Temperatur, ganz so wie es die Forellen und Saiblinge mögen. Bevor ein Fischei allerdings in den Teichen zu einem großen Fisch und per Hand gefüttert werden kann, beginnt deren Reise im Aufzuchthaus. In meterlangen Plastikwannen auf Hüfthöhe schwimmen die wenige Zentimeter großen Fische im Frischwasser.

Fischzucht bei München: Die kleinen Fische wachsen zuerst im Aufzuchtbecken heran

Gefüttert werden sie über ein Förderband, das nach und nach Nahrung abgibt. “Wir legen Wert auf genfreies, hochwertiges Futter. Am Ende schmeckt man das nämlich am Fleisch”, sagt Zechmeister, der seit fünf Jahren als Betriebsleiter in der Aumühle tätig ist. Rund ein dreiviertel Jahr verbringen die Fische im Aufzuchthaus. Getrennt sind sie freilich nach Art, also Saibling und Forelle, und nach Alter. Im Schnitt lässt sich sagen: Alle vier Wochen verdoppeln die kleinen Fische ihr Körpergewicht. Sind sie noch ganz klein, schwimmen zu Beginn rund 30.000 Minifische in einer der Wannen.

200.000 Forellen und etwa 120.000 Saiblingen werden pro Jahr in der Aumühle aufgezogen.
200.000 Forellen und etwa 120.000 Saiblingen werden pro Jahr in der Aumühle aufgezogen.
© Sigi Müller
200.000 Forellen und etwa 120.000 Saiblingen werden pro Jahr in der Aumühle aufgezogen.

von Sigi Müller

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Sind sie schließlich großgenug, um in den Teich draußen umzuziehen, werden die Fische erneut sortiert. “Das ist wie bei uns Menschen, mache wachsen schneller, manche mehr”, erklärt Zechmeister. Durch Futtergabe lasse sich das ebenfalls steuern. Beim Sortieren landen die Fische in einer Maschine, die sie wie durch ein Sieb der Größe nach trennt. Zechmeister: “Das läuft eigentlich wie bei einer Kartoffelsortiermaschine, aber eben schonend für die Fische.”

Fischzucht Aumühle in Egling: Weniger dramatisch als in Niederbayern oder der Oberpfalz

Schließlich ziehen die Fische in einen der Teiche, zu etwa je 10.000 Stück. Die Teiche sind überspannt mit Netzen. Denn die Fische schmecken am Ende nicht nur den Menschen. “Der Fischotter besucht uns regelmäßig”, erzählt Zechmeister. Auch Reiher und Kormoran schnappen hin und wieder zu. In der Aumühle entsteht dadurch zwar ein Schaden, der sei aber überschaubar, vor allem verglichen mit Niederbayern oder der Oberpfalz. “Wir Menschen breiten uns hier in der Natur aus, da ist es verständlich, wenn die Natur sich dafür etwas zurückholt”, findet Zechmeister.

Später kommen sie nach draußen in die Teiche. Dort werden sie per Hand gefüttert.
Später kommen sie nach draußen in die Teiche. Dort werden sie per Hand gefüttert.
© Sigi Müller
Später kommen sie nach draußen in die Teiche. Dort werden sie per Hand gefüttert.

von Sigi Müller

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Insgesamt holen er und sein Team aus rund 20 Leuten pro Jahr etwa 80 Tonnen Fisch aus dem Wasser. Sicher ginge noch mehr, aber: “Wir sind weniger industriell, mehr landwirtschaftlich. Wir betreiben die Fischzucht nicht hochintensiv und bewahren uns dadurch etwas Spielraum”, sagt der Betriebsleiter. Auch das schmecke man wiederum im Fleisch, klingt es bei den Chefs durch.

Gefüttert werden die Fische in der Aumühle per Hand

Gefüttert werden die Fische händisch. Einer der Mitarbeiter packt sich einen zehn Kilo schweren Eimer mit Futter und eine Schaufel und verteilt das Futter gleichmäßig im Teich, bis die Fische satt sind. “Das sieht man besonders bei den Forellen: Anfangs drängen sie alle nach oben, fast aggressiv. Haben sie genug, werden sie ruhiger.” Und tatsächlich, als die erste Kelle Futter im Wasser landet, scheint das Wasser förmlich zu kochen, so sehr drängen die Forellen nach oben.

Mit einem Kescher werden diese Saiblinge aus dem sogenannten Hälterbecken geholt, bevor sie die letzte Station erreichen.
Mit einem Kescher werden diese Saiblinge aus dem sogenannten Hälterbecken geholt, bevor sie die letzte Station erreichen.
© Sigi Müller
Mit einem Kescher werden diese Saiblinge aus dem sogenannten Hälterbecken geholt, bevor sie die letzte Station erreichen.

von Sigi Müller

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Sind die Fische nach rund 18 Monaten soweit, also vom Ei bis zum ausgewachsenen Fisch, ziehen sie noch für ein paar Tage in das sogenannte Hälterbecken. Dort bleiben sie für ein paar Tage ohne Futter. “Der Darm entleert sich, das Fleisch wird fester. Möglicher modriger Geschmack, den Fische durch Futter bekommen können, löst sich”, erklärt Zechmeister, “aus dem gleich Grund hat man den Karpfen früher in die Badewanne gelegt.”

Mit dem Marktauto steht die Fischzucht auch am Rosenkavalierplatz oder der Weißenburger Straße

Nach ein paar Tagen landen die Fische schließlich durch ein Zugnetz an Land, in einer Box, in der sie Gleichstrom ausgesetzt werden. “Wir sprechen von Tiefenbetäubung”, so Zechmeister. Schließlich werden die Fische im Schlachthaus getötet, ausgenommen und weiterverarbeitet. Ein Teil der Fische wandert in die Räucherkammer. Dort hängen sie schließlich neben Aalen, die die Fischzucht zukauft.

Zugekauft wird auch Rohware von Lachs und Wels und Seefisch den man in der Aumühle weiterverarbeitet. Zu kaufen gibt es die Produkte schließlich im eigenen Hofladen oder aus dem Marktauto auf verschiedenen Märkten, wie zum Beispiel am Rosenkavalierplatz in Bogenhausen. Auch an die Gastronomie liefert die Aumühle ihre Fische. Für die Weiterverarbeitung ist hauptsächlich Peter Kitzing zuständig.

Bei aller Idylle in der Pupplinger Au haben auch Zechmeister und Kitzing mit einigen Herausforderungen zu kämpfen. Wie in so vielen Bereichen fehlt der Nachwuchs. “Fischwirt ist ein Idealistenberuf”, findet Zechmeister. Wie es in der Landwirtschaft eben sei, muss auch am Wochenende gearbeitet werden. Wenn etwas ausfällt, muss jederzeit jemand zur Stelle sein, auch um 3 Uhr nachts. Und reich werde man damit auch nicht. Trotzdem fühlen sich beide dort mit ihrer Arbeit wohl. Warum? “Schauen Sie sich um!”, sagt Kitzing und lacht.

Im Schlachthaus werden die Fische ausgenommen, filetiert und verpackt oder über Erlenholz geräuchert.
Im Schlachthaus werden die Fische ausgenommen, filetiert und verpackt oder über Erlenholz geräuchert.
© Sigi Müller
Im Schlachthaus werden die Fische ausgenommen, filetiert und verpackt oder über Erlenholz geräuchert.

von Sigi Müller

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Außerdem laufe der Fisch im Vergleich zur restlichen Landwirtschaft quasi unter dem Radar. Zechmeister: “Was die Entwicklung, Vorschriften oder Pharmakologie angeht, hinken wir 30 Jahre hinterher.” Auch Naturereignisse wie Dürre oder Starkregen beschäftigen die Fischwirte. “Die Wassermenge wird tendenziell weniger. Aber wieder verglichen mit der Oberpfalz haben wir auch hier noch Glück”, erzählt der Betriebsleiter.

Derweil steht nun aber der Karfreitag vor der Tür. Neben dem Aschermittwoch und Weihnachten sozusagen Hochsaison in der Aumühle. Am Freitag selbst ist zu. Frischen Fisch gibt es noch am Mittwoch und Donnerstag und dann wieder ab Samstag zu kaufen. Ob Zechmeister und Kitzing selber noch Fisch am Karfreitag essen mögen? “Klar”, sind sie sich einig. Was genau es gibt, steht noch nicht fest. Klar ist aber: Ein Fisch aus der Aumühle wird es sein.





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