BERLIN. Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat nach einer juristischen Niederlage gegen das Online-Magazin „multipolar“ mehr als 1.000 Seiten interner Sitzungsprotokolle herausgegeben, die inzwischen von dem Magazin veröffentlicht wurden. Dabei geht es um den politischen Umgang mit der Corona-Pandemie. Die Protokolle legen nahe, daß der Corona-Krisenstab des RKI mehr über das Virus wußte, als der Öffentlichkeit damals gesagt wurde.

So stuften die Verantwortlichen am 17. März 2020 das Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung von „mäßig“ auf „hoch“ herauf. Einen Tag zuvor hieß es in den Papieren, die Einschätzung soll „diese Woche hochskaliert werden. Die Risikobewertung wird öffentlich, sobald (Personenname geschwärzt) ein Signal dafür gibt.“ Zwischen dem 9. und dem 15. März 2020 wurden sechs Prozent der in Deutschland Untersuchten positiv auf das Coronavirus getestet. Eine Woche später – also zum Zeitpunkt der Gefahreneinschätzung als „hoch“ statt „mäßig“ – war es nur ein Prozent mehr.

RKI sah keine Grundlage für Maskenpflicht

Wenige Tage später, am 22. März 2020, verhängte die damalige Bundesregierung den ersten Lockdown. Kritiker der damaligen Maßnahmenpolitik vermuten, daß politische Anweisungen bei der Risikobewertung des RKI wichtiger gewesen seien als empirische Daten.

Mit Blick auf die Maskenpflicht schrieben die Verantwortlichen beim RKI, es gebe „keine Evidenz für die Nutzung von FFP2-Masken außerhalb des Arbeitsschutzes, dies könnte auch für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden“. Der Nutzen der Masken „sollte auf Arbeitsschutz von Personen, die mit infektiösen Patienten arbeiten, begrenzt bleiben“. Ungeachtet dieser Einschätzung führten mehrere Bundesländer – darunter Baden-Württemberg und Berlin – eine allgemeine FFP2-Maskenpflicht für alle ein.

3G-Regeln seien „fachlich nicht begründbar“

Auch die am 24. November 2021 bundesweit eingeführte 3G-Regel, wonach nur Geimpfte, Getestete und Genesene weiterhin am öffentlichen Leben teilnehmen durften, erscheint mit Blick auf die neuesten Veröffentlichungen der RKI-Protokolle als zweifelhaft. Im März 2021 hieß es, diese Maßnahmen seien „fachlich nicht begründbar“.

Zudem relativieren die Veröffentlichungen die tatsächliche Gefahr des Coronavirus für die Bürger. In den Protokollen heißt es, an einer herkömmlichen Grippewelle „versterben mehr Leute“. Und: „Lockdowns haben zum Teil schwerere Konsequenzen als Covid selbst.“ Des Weiteren vermerkten die Autoren, durch die Lockdowns sei eine „steigende Kindersterblichkeit zu erwarten“. (st)



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