Die Serie “Lexikon der Liebe” bietet Leserinnen und Lesern Platz, ihre Liebesgeschichten zu erzählen.

Theresia*, 58: “Francesco ist fast einen halben Meter größer als ich, und dennoch war unsere erste Begegnung auf Augenhöhe. Beide saßen wir im Rollstuhl.

Wir begegneten uns in einer Rehaklinik. Für Francesco, neun Jahre jünger als ich, war es bereits sein zweiter neurologischer Klinikaufenthalt. Ich hatte gerade eine Gehirnblutung mit Koma knapp überlebt. Er selbst hatte einen Schlaganfall gehabt.

Aber nun kam Hilfe für mich, von jemandem, den ich kennenlernen wollte. Doch wie, wenn man nicht sprechen kann? Ein Blick genügte, und schon kullerten mir die Tränen. Wenig später wusste ich, dass es keines Wortes, keiner Berührung bedarf, um sich miteinander zu verbinden. Wortlos gab es sogar ein Versprechen: Wenn ich nicht aufgebe, würde er mir dabei helfen, nicht nur zu überleben, sondern ein nie zuvor gekanntes Leben in Fülle und Dankbarkeit zu genießen. Francesco hatte nie Zweifel an unser beider vollkommenen Heilung. Krankheit als Geschenk anzunehmen, um sehen zu dürfen, wer wir wirklich sind und warum, wofür wir leben – das war seine Idee.



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