Rendsburg. Hass und Hetze verbreiten sich rasant im Netz. Laut einer aktuellen Studie des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz wurde jede zweite Person schon online beleidigt. Ein Viertel der Befragten sei mit körperlicher Gewalt und 13 Prozent mit sexualisierter Gewalt konfrontiert worden. Auf dieses Problem machte der Weisse Ring bei seiner Landesveranstaltung in Rendsburg am Tag der Kriminalitätsopfer aufmerksam. Hier sind die wichtigsten Informationen über digitale Gewalt.

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Was ist digitale Gewalt?

Der Begriff umfasst ein breites Spektrum an kriminellen Handlungen im Internet. Dazu zählen neben Hass und Hetze auch Datendiebstahl, Online-Betrug, Erpressung, Belästigungen wie Cyberstalking oder bildbasierte Gewalt, wie Rachepornos und durch künstliche Intelligenz manipulierte Bilder. Genau wie in der realen Welt handelt es sich um Straftaten. Kriminelle haben es im Netz oft einfacher, denn sie können sich hinter einem Pseudonym oder einer falschen Identität verstecken. Das erhöht die Gewaltbereitschaft. Teils werden die Opfer rund um die Uhr verfolgt und die Inhalte bleiben jahrzehntelang abrufbar. „Digitale Gewalt geschieht oft eng vernetzt mit Angriffen in der physischen Welt“, berichtet Magdalena Finke, Staatssekretärin im Landesinnenministerium. Das zeigt der Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke im Jahr 2019. 2023 gab es in Schleswig-Holstein den Angriff von vier Mädchen auf eine 13-Jährige. Sie hatten ihr Opfer erst körperlich gequält und gedemütigt, dabei die Tat per Smartphone gefilmt und dann im Internet verbreitet.

Wer kann Opfer von Gewalt im Netz werden?

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„Digitale Gewalt geht uns alle an. Jeder kann zum Opfer werden“, sagt die Landesvorsitzende des Weissen Rings, Manuela Söller-Winkler. Als Beispiele nennt sie US-Popstar Taylor Swift und deutsche Rentner: Taylor Swift wurde durch gefälschte Nacktbilder geschädigt, viele Senioren durch Online-Betrug. Meist richteten sich abwertende oder menschenverachtenden Inhalte gegen vermeintlich Schwächere und gegen Minderheiten, beispielsweise gegen Frauen, Homosexuelle und Migranten und Migrantinnen. Im Fokus stünden in der Öffentlichkeit stehende Personen, allen voran Politikerinnen und Politiker.

Was sind die Folgen digitaler Gewalt?

„Digitale Gewalt löst bei den Betroffenen Ängste, Wut, Ärger sowie Scham aus und ist für sie genauso verheerend und überwältigend wie analoge Gewalt“, so Roman Stäbler, Experte von HateAid, einer Organisation, die sich für Menschenrechte und gegen Gewalt im digitalen Raum engagiert. „Viele Menschen, die sich in den ihren Kommunen engagieren, werden online und offline angegriffen. Hass wird als gezielte Strategie angewendet, um Menschen aus politischen Debatten zu verdrängen.“ Gewalt im Internet schadet daher nicht nur den direkt Betroffenen, es könne eine Gefährdung der Demokratie bedeuten, sind sich Staatssekretärin Finke und die anderen Fachleute einig.

Wie kann man sich schützen?

Roman Stäbler rät zu Privatsphäre-Checks. „Um zu sehen, was über mich im Internet zu finden ist, kann ich bei Google den eigenen Namen in Verbindung mit anderen persönlichen Daten wie Geburtsdatum oder Adresse eingeben.“ Anschließend könne man sich an Google wenden, um Ergebnisse löschen zu lassen. Grundsätzlich empfehle HateAid, stets Updates zu installieren, komplexe Passwörter und eine Zwei-Faktor-Authentifizierung zu verwenden. Wichtig sei auch, sich datensparsam und -sicher im Netz zu bewegen. Etwa in dem man Privateinstellungen so vornimmt, dass nicht jeder Zugriff hat. Wer nicht möchte, dass die kommunale Meldestelle seine eigenen Daten an Dritte herausgibt, könne eine begründete Auskunftssperre beantragen.

Was sollen Betroffene von digitaler Gewalt tun?

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„Jede Person reagiert anders auf digitale Gewalt“, sagt Roman Stäbler von HateAid. Es gebe nicht die eine richtige Möglichkeit, sondern viele: Ignoriert man es? Setzt man ein Statement? Will man es löschen oder anzeigen? Auf welche Weise, Betroffene ihre eigenen Rechte durchsetzen wollen, können sie mit Beratern von Organisationen wie HateAid oder dem Weissen Ring besprechen. Dort bekommen sie auch menschlichen Beistand und im Zweifel finanzielle Unterstützung. Als rechtliche Möglichkeiten nennt Roman Stäbler den Meldeweg über den Digital Services Act (DSA) der EU. Auf der DSA-Plattform können illegale Inhalte gemeldet und damit gelöscht werden. Durch eine Anzeige bei der Polizei veranlasse man eine mögliche strafrechtliche Verfolgung; dabei sei eine Frist von drei Monaten zu beachten. Zudem gebe es den zivilrechtlichen Weg: Ein beauftragter Rechtsanwalt könne den Täter abmahnen oder gegen ihn klagen, sowie eine Entschädigung oder Löschung beantragen. Zur Beweissicherung sollte in jedem Fall ein rechtssicherer Screenshot von den digitalen Inhalten gemacht werden. Diese beinhalten Adresse, Verfasser, Kontext, Datum und Uhrzeit.

KN



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