Berlin. Seit einer Weile läuft in der Pandaaufzucht­station im chinesischen Chengdu ein Wettbewerb. Der als Schwergewicht kategorisierte Ya Yun tritt darin an gegen den niedlichen Cheng Shi, den Kanada-Rückkehrer Jia Yue Yue, den energiegeladenen Bei Chaen und gegen den sanftmütigen Ji Ran. Es ist ein Wettbewerb um den Titel des größten Faulenzers. Pandabären hängen nun mal gerne rum.

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Dabei wird ihnen dieser Tage Markus Söder zusehen. Der bayerische Ministerpräsident fährt für ein paar Tage nach China. Und bevor er sich mit Ministerpräsident Li Qiang, mit Unternehmens­vertretern und Studenten trifft, besucht er fotobewusst die Pandabären. Als Kanzlerkandidat würden ihm laut der jüngsten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen fürs ZDF nicht nur Unionswähler mehr Chancen einräumen als CDU-Chef Friedrich Merz und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Aber bei den CDU-Funktio­nären hat er wenig Sympathien, seit er bei der Wahl 2021 Kanzlerkandidat Armin Laschet torpedierte.

Niedliche Pandas und Wirtschaftsinteressen

Da kann etwas Kuschelfaktor nicht schaden. Wenn er mal nicht als Brachialpolitiker, sondern als Vertreter einer bedächtig klingenden „Panda-Diplomatie“ rüberkommt, umso besser.

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Aber natürlich geht es auch um weniger niedliche Interessen: China ist mit einem Handelsvolumen von rund 53 Milliarden Euro im vergangenen Jahr der größte Handelspartner Bayerns. Waren im Wert von 17 Milliarden Euro wurden 2023 aus Bayern nach China exportiert. Die Importe aus China hatten einen Wert von 36 Milliarden Euro.

China reporter

Warum China plötzlich über Pressefreiheit debattiert

Die EU und die Bundesregierung haben ihre China-Politik auf mehr Distanz gestellt. China gilt für sie nun nicht mehr nur als Partner und Wettbewerber, sondern auch als Systemkonkurrent. Auf imperiale Ansprüche des autoritären Regimes verweist die Ampel immer wieder. Es gibt Bedenken vor einem chinesischen Angriff auf Taiwan. Bei chinesischen Investitionen in Deutschland wird genauer hingeschaut, vor allem die Tele­kommunikations­netze gelten als problematisch.

Abhängigkeiten von China, wie sie sich zuletzt in der Corona-Pandemie etwa bei der Versorgung mit medizinischen Masken gezeigt haben, sollen auch in anderen Bereichen vermieden werden – „Decoupling“, also Entflechtung, ist hier das Stichwort. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Präsident Xi Jinping zu dessen Ärger als Diktator bezeichnet.

Prosit in Belgrad, Karaoke in Schweden

Söder betont die Zusammenarbeit: „Gerade in den Zeiten, wo die deutsche Wirtschaft und auch die bayerische Wirtschaft jede Unterstützung braucht, sind wir auch gerne dabei, weiter Türöffner zu sein.“ Es gehe „mehr um Real- statt Moralpolitik“. Aber er versichert, natürlich nicht naiv zu sein und die Heraus­forderungen, die China bedeute, auch anzusprechen. Aber man wolle dabei halt nicht brüskieren.

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Vor wenigen Tagen hat Söder den von Russland unterstützten serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic besucht, der die EU‑Beitrittsgespräche mit den Westbalkanstaaten erschwert. Beim Mittagessen wurde „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ gespielt, Söder bezeichnete sich als Anwalt Serbiens. In Schweden gab es zuvor neben der Außenpolitik einen Auftritt als Abba-Karaokesänger.

In China sieht er sich in der Tradition des einstigen CSU-Chefs Franz Josef Strauß, der sich 1975 als erster deutscher Politiker mit Mao Tsetung traf. FDP-Außenpolitiker Ulrich Lechte ist nicht wohl dabei. Er hoffe, „dass sich der bayerische Ministerpräsident nicht wie zuletzt in Belgrad für missverständliche Bilder instrumentalisieren lässt und ein realistisches Bild von der Volksrepublik China zeichnet“, sagte Lechte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Als Ministerpräsident im Ausland vertritt er nicht nur Bayern, sondern indirekt auch die Bundesregierung. Entsprechend könnten falsche Zusagen und diplomatische Naivität auf großen Bühnen zu spürbaren Vertrauensverlusten führen.“

Söder will auch Fotos an der Chinesischen Mauer und der Verbotenen Stadt in Peking machen. Kuschelig und historisch, es ist alles dabei.



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