WÜRZBURG. Der ehemalige Chef der obersten katholischen Glaubensbehörde, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, hat den Aufruf der Deutschen Bischofskonferenz, nicht die AfD zu wählen, kritisiert. Die Geistlichen dürften „nicht als Wahlhelfer der Ampel auftreten“, sagte Müller der katholischen Wochenzeitung Tagespost. Die Bischöfe würden lediglich dem Zeitgeist folgen. „Der Opportunismus ist nicht zu übersehen.“
Bei ihrer Frühjahrsvollversammlung im Februar hatten die Bischöfe einstimmig „die Existenz von Völkern, die angeblich in ihrem ‘Wesen‘ und in den kulturellen Lebensgestalten scharf von den anderen Völkern abgegrenzt werden können“, verneint. Dabei handle es sich um eine Behauptung von Rechtsextremen. Die AfD sei von diesem Denken durchsetzt. Demnach dürften Christen ihr Kreuz nicht bei der Partei machen, sie sei „nicht wählbar“.
Kardinal Müller: Das Böse beim Namen nennen
Kardinal Müller kritisierte in der Vergangenheit wiederholt Reformprozesse innerhalb der katholischen Kirche. So positionierte er sich etwa gegen die gleichgeschlechtliche Ehe und Priesterämter für Frauen. Seine Haltung bezeichnete er laut dem BR als weder rechts noch links, sondern katholisch. Von 2012 bis 2017 führte er die römische Glaubenskongregation, die über die Reinheit der katholischen Lehre wacht, an. Danach wurde sein Amt von Papst Franziskus nicht verlängert.
Seither ist das Verhältnis zum Kirchenoberhaupt belastet. Im Gespräch mit der Tagespost warf er dem Franziskus vor, im Ukraine-Krieg „nur die Opfer zu beklagen und nicht die Täter zu benennen“. Franziskus müsse sich klar positionieren. Dies wünschten sich auch die Ukrainer. „In Butscha und an vielen anderen Orten sind eben furchtbare Massaker geschehen, und das Böse muss man beim Namen“, forderte Kardinal Müller. (sv)