Ein enger Vertrauter des vor gut drei Wochen in einem Straflager gestorbenen Kreml-Gegners Alexej Nawalny ist in seinem Exil in Litauen überfallen und verletzt worden. Der Oppositionelle Leonid Wolkow sei vor seinem Haus angegriffen worden, schrieb Kira Jarmysch, die bis zu Nawalnys Tod dessen Sprecherin war, am Dienstagabend auf der Plattform X. Jemand habe eine Autoscheibe eingeschlagen und ihm Tränengas in die Augen gesprüht. Der Angreifer habe dann begonnen, mit einem Hammer auf Wolkow einzuschlagen. Wolkow sei jetzt zu Hause, Polizei und Krankenwagen seien auf dem Weg zu ihm.

Noch am selben Tag hatte Wolkow gegenüber der russischen Exilzeitung Meduza auf die Frage, mit welchen Risiken das Team um Nawalny nun konfrontiert sei, geantwortet: “Das größte Risiko besteht jetzt darin, dass wir alle getötet werden. Nun, das ist eine ziemlich offensichtliche Sache”. Ganz so also, als hätte er den Angriff auf ihn kurze Zeit später vorausgeahnt.

Der im Jahr 1980 geborene Wolkow war ein enger Vertrauter von Nawalny. Zuletzt hatte er vor Lügen des Kremls und der Moskauer Staatspropaganda im Fall Nawalny gewarnt. Wenn die Nachricht vom Tod Nawalnys wahr sei, dann sei Nawalny nicht einfach gestorben, sondern der russische Präsident Wladimir Putin habe ihn getötet, schrieb Wolkow. Im vergangenen Jahr hatte er den Theodor-Heuss-Preis erhalten. Wolkow setze sich mit großem Risiko gegen staatliche Lügen und Desinformationskampagnen in Russland ein, begründete die Theodor Heuss Stiftung die Wahl.

Die Hintergründe der Tat sind zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. Allerdings schreibt der allerdings der Journalist Sergei Parchomenko auf seinem Telegram-Kanal, dass Wolkow außerhalb der Stadt wohne. Einen gewöhnlichen Raub oder Überfall hält er daher für abwegig. Es müsse sich bei dem Täter um einen Mann handeln, der gezielt Wolkow habe angreifen wollen, schreibt er. Dem Spiegel zufolge hat die Polizei die Ermittlungen in dem Fall aufgenommen.

Die Umstände vom Tod von Wolkows Freund Nawalny sind unterdessen weiter ungeklärt. Der durch einen Giftanschlag 2020 und wiederholte Einzelhaft geschwächte Politiker soll Mitte Februar bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. Nach Angaben von Nawalnys Team ist im Totenschein von angeblich “natürlichen” Ursachen die Rede.



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