In der Lobby des Oberverwaltungsgerichts wird ab Dienstag über die Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz verhandelt.

In der Lobby des Oberverwaltungsgerichts wird ab Dienstag über die Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz verhandelt.

Foto: Guido Kirchner/dpa

Es ist keine ganz einfache Materie, die ab Dienstag vor dem Oberverwaltungsgericht Münster verhandelt und voraussichtlich schon am Mittwoch entschieden wird. Der Bundesvorstand der AfD hat gegen die Einstufung der Partei als Verdachtsfall für Rechtsextremismus durch den Verfassungsschutz geklagt. Diese erfolgte schon vor knapp drei Jahren. Vor zwei Jahren hatte das Verwaltungsgericht Köln entschieden, dass der Inlandsgeheimdienst diese Einstufung vornehmen durfte. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster ist nun die nächsthöhere Instanz.

Warum aber führen Gerichte in Köln und Münster diese Prozesse? Das liegt daran, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat seinen Hauptsitz in Köln hat. Daraus ergibt sich erst mal die Zuständigkeit der Gerichte in Nordrhein-Westfalen. Sollte die AfD mit dem anstehenden Urteil unzufrieden sein, bliebe ihr noch der Gang vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Ein Verfahren dort würde im Kern allerdings nur die Entscheidung des OVG auf Rechtsfehler prüfen. Die letzte Option für die AfD wäre die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts. Dort müsste sie aber Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Urteils anführen. Inhaltlich ist das Verfahren vor dem OVG also vorentscheidend.

Stufensystem

Beim BfV gibt es drei Ebenen der Einstufung: Bei einem Prüffall darf der Geheimdienst nur auf öffentlich zugängliche Quellen zugreifen. Bei einem Verdachtsfall, für den er die AfD seit 2021 hält, dürfen auch nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt werden. Das BfV kann Kommunikation anzapfen und V-Leute anwerben. In welchem Maß dies bisher geschehen ist, ist unklar. Fest steht, dass Parlamentarier vom Landtag an aufwärts als V-Leute tabu sind.

Die dritte Ebene schließlich ist die Einstufung als »gesichert rechtsextremistisch«, die bislang für die AfD-Landesverbände in Thüringen und Sachsen vorgenommen wurde. Sie könnte für Beamt*innen mit AfD-Parteibuch zu Disziplinarmaßnahmen führen. Entscheidend hierfür ist allerdings das individuelle Wirken des Parteimitglieds. In sicherheitsrelevanten Bereichen kann die Mitgliedschaft in einer als gesichert extremistisch geltenden Gruppierung zum K.O.-Kriterium werden. Nach aktuellen Medienberichten wartet der Verfassungsschutz nur noch auf die Entscheidung des OVG und plant, danach die AfD als gesichert rechtsextremistisch einzustufen.

Vorentscheidung für Verbot?

Influencer: “Ich bin dafür, das AfD-Verbot zu prüfen!”

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Das Verfahren in Münster, das wegen des großen öffentlichen Interesses im Foyer des Gerichts stattfindet – der größte Gerichtssaal wäre zu klein –, wird von manchen Beobachter*innen als wegweisend für ein mögliches Verbotsverfahren angesehen. Die Verbotsdebatte war erst in der vergangenen Wochen angefacht worden. Die Bremer Regierungsfraktionen SPD, Grüne und Linke hatten erklärt, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass Material für ein AfD-Verbot gesammelt wird. Ein entsprechender Antrag soll in den Bundesrat eingebracht werden. Bremen wäre dann das erste Bundesland, dass sich offiziell für die Prüfung eines Verbotsantrags einsetzt.

An mangelndem Material dürfte ein Verbotsverfahren nicht scheitern. Für den Prozess in Münster liegen Tausende Seiten Akten vor. Weil kurzfristig Anfang des Jahres noch zahlreiche neue Akten kamen, wurde dieser sogar noch einmal verschoben.

Allerdings kann eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nur eingeschränkt auf ein mögliches Verbotsverfahren übertragen werden. Die Schwelle, ab der der Verfassungsschutz eine Gruppierung beobachten darf, ist deutlich niedriger als die Verbotsschwelle. Dem Verwaltungsgericht reichten bei seiner Entscheidung für die Einstufung als Verdachtsfall Äußerungen, in denen AfD-Politiker*innen eine ethnische Definition des Begriffs »Volk« verwendeten und ein rassistisches Weltbild demonstrierten.

Für ein Verbot würde das nicht reichen. Im gescheiterten NPD-Verbotsverfahren hat das Bundesverfassungsgericht ziemlich klar dargelegt, welche Maßstäbe es an ein Verbot legt. Eine klar verfassungsfeindliche Grundausrichtung der Partei ist eine Bedingung. Hinzu kommt, dass die Partei sich aggressiv-kämpferisch gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und den Bestand der Bundesrepublik stellen muss.

Bei der NPD sah das Verfassungsgericht dies zwar als gegeben an, entschied sich aber wegen der mangelnden Umsetzungsperspektive gegen ein Verbot der NPD. In diesem Punkt unterscheidet sich die AfD von der NPD. In Umfragen für die Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen liegt sie teilweise mit erheblichem Vorsprung vorn. So weit hat es die NPD nie gebracht.

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