Es ist eine Eskalation mit Ansage: Nachdem es am Freitag kurz so ausgesehen hatte, als könnten sich die Deutsche Bahn und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) einander annähern, hat die GDL nun erneut zum Streik aufgerufen. Er soll im Personenverkehr am Dienstagmorgen um zwei Uhr beginnen und bis zwei Uhr morgens am Mittwoch dauern. Der Güterverkehr wird ebenfalls für 24 Stunden bestreikt, aber bereits von Montagabend an.

Damit macht Claus Weselsky seine Drohung wahr und es kommt zu einem Streik, der nicht 48 Stunden im Voraus angekündigt worden ist. Der GDL-Chef hatte das bei einer Pressekonferenz am vergangenen Montag angekündigt und von “Wellenstreiks” gesprochen, die folgen sollten. Normalerweise kündigt eine Gewerkschaft einen Streik mit 48 Stunden Vorlauf an, damit sich das bestreikte Unternehmen darauf einstellen kann und – wie im Fall der Bahn – einen Notfall-Fahrplan erstellen kann. Dafür bleiben der Bahn jetzt nur noch 30 Stunden.

Eigentlich hatte die Deutsche Bahn die GDL für Montag zu Tarifgesprächen eingeladen. Die GDL machte ihre Teilnahme an den weiteren Verhandlungen jedoch davon abhängig, ob bis Sonntag 18 Uhr ein verbessertes Angebot der Bahn eingehen würde. Die Bahn hat die Vorlage eines solchen Angebots jedoch verweigert und die Frist verstreichen lassen. “Wir sind überzeugt, dass uns eine Einigung nur im Dialog am Verhandlungstisch gelingen wird”, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler.

Er ist der Auffassung, es sei in dieser Phase der Verhandlungen “nicht zielführend”, “in einen schriftlichen Austausch von Angeboten und Antworten überzugehen”. Die Bahn möchte stattdessen in persönlichen Verhandlungen zu einem Kompromiss kommen, und zwar auf Grundlage eines Papiers, das die Moderatoren im Tarifkonflikt, der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (beide CDU) erstellt haben; dazu gehört auch eine 36‑Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Die GDL fordert eine Stunde weniger Arbeitszeit pro Woche für die Schichtarbeiter, nämlich 35 Stunden.

Schon am Freitag hatte Weselsky das von der Bahn vorgeschlagene Verfahren abgelehnt. Der GDL liege “kein neues und verbessertes Angebot vor, welches einen Ausstieg aus den Arbeitskampfmaßnahmen und ein Wiedereinstieg in die Verhandlungen rechtfertigen würde”. Die Formulierung “auf Grundlage des Gesamtvorschlages der Moderatoren vom 26. Februar 2024 die Verhandlungen zu Ende zu führen” allein sei noch kein neues Angebot. Weselsky wirft der Bahn vor, “den Konflikt unnötigerweise oder sogar bewusst” zu verschärfen. Die GDL werde sich jedoch nicht provozieren lassen. Sie werde auf bereits angekündigte Arbeitskampfmaßnahmen verzichten, sofern die Bahn bis Sonntagabend ein Angebot vorlege. Das ist nicht geschehen.



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