Der Zustand dieses Landes läßt sich derzeit besonders an Überschriften ablesen. „Hape Kerkeling: Weg aus Berlin, weil ‘Atmosphäre homophober wurde’“, titelt die Bild-Zeitung am Sonnabend. Die Gründe dafür will er nicht so recht preisgeben. Nur soviel läßt er ausrichten: „Das hat nicht nur mit Berlin zu tun, sondern auch mit einer sehr unglücklichen Lage in der Welt. Aber dem wollte ich mich als prominentes Gesicht nicht mehr aussetzen.“ Ja. Die Lage der Welt ist besonders unglücklich gerade. Kriege, Krisen und eine Kanzlerschaft von Olaf Scholz.
Nun ist es allerdings nicht so, daß unser Planet – sagen wir im Jahr 2015 – in globaler Glücklichkeit badete. Auch damals gab es bereits Kriege, Krisen und zu allem Überfluß auch noch eine Kanzlerschaft von Angela Merkel. War denn jemals alles gut auf dem Globus? Aber jeder weiß natürlich, woher der plötzliche Anstieg gewalttätiger Schwulenfeindlichkeit kommt. Die Berliner „Polizei“ veröffentlichte zuletzt Bilder von drei homophoben Schlägern, die alle augenscheinlich Migranten waren. Einer trug gleich einen arabischen Mantel samt zugehöriger Islam-Kopfbedeckung.
Kerkeling kann auch ganz anders
„Männlich gelesen“ nannten das die Beinahe-Sicherheitskräfte der Hauptstadt – aber diese woke Dödelei steht auf einem anderen Blatt. Das peinliche Herumgedruckse des Staatskomödianten Kerkeling verdient eine genauere Betrachtung – nicht weil der Mann ein intellektueller Überflieger wäre (was er sicher selbst nicht von sich behaupten würde), sondern weil es ganz anschaulich zeigt, in welcher Welt sich die „Kulturschaffenden“ und ihr Anhang sich so bewegen.
Denn: Hape Kerkeling kann auch konkret werden. Wo er bei der ihn im Zweifel auch persönlichen drohenden Gewalt im globalen Ungefähren bliebt, geht es bei der AfD ganz anders. Die will er gleich verbieten. Das wäre keine so große Neuigkeit angesichts der bundesweiten Massenpsychose, wenn er diese Forderung nicht gleich noch mit ein paar überaus totalitären Andeutungen und Planspiele würzen würde.
AfD-Anhänger will er nämlich gar nicht mehr von irgendetwas überzeugen, die sollte man „in jedem Fall versuchen einzufangen und eines Besseren belehren“. Einfangen, belehren. Wie kleine Kinder, die nicht mit Messer und Gabel essen können, wenn er es im übertragenen Sinne meint. Man kann diese Worte allerdings auch wörtlich nehmen. Und mit der Bedeutung von Worten sollte sich ein Komödiant schon auskennen – auch wenn ihm das Lachen längst vergangen ist.
Die Sprache der Gewalt
Nehmen wir ihn also wörtlich. Daß er dann nämlich ein paar Absätze später schon von „defensiver Gewalt“ deliriert, die es nun gegen „Rechte“ einzusetzen gilt – von staatlichen Repressionsbehörden wahrscheinlich – läßt dann doch schon etwas tiefer in die Seele des Hape K. blicken. Sollen Aufmüpfige dann gleich von der Polizei zusammengeschlagen werden? Holt man „Rechte“ präventiv zu Verhören ab oder nimmt ihnen die Kinder weg? Er läßt es offen. Aber es ist schon eine herrliche Drohung. Und sie ist risikolos. Hätte er schwulenfeindliche Muslime kritisiert, provoziert das am Ende ja doch nur einen Terroranschlag. Und das stört dann nur die Promo-Tour zu seinem neuen Buch, Film oder womit auch immer er sich gerade die Zeit vertreibt.
Die Hauptstadt verläßt er aus Sorge um Leib und Leben. „Angst“ macht ihm allerdings ganz konkret nur die AfD. Eine Partei, die in Parlamenten Anträge einbringt, Reden hält und Bürgerdialoge abhält. Von Horden marodierender AfD-Ortsvorsitzender, die Schwule, Lesben und das Transgender-Drumrum durch Berliner U-Bahnhöfe jagen, hätte die Öffentlichkeit erfahren – ganz sicher.
Die Verachtung für den Plebs
Aber Kerkeling, wie seine Standesgenossen vom neuen Gesellschaftsadel auch, lebt eben in einer anderen Welt. Scheinwerfer, Limousinen Talkshow-Auftritte. Die Rechnung ist bekannt: Wo Geld keine Rolle spielt, wird die AfD verachtet, wo es fehlt, wird sie gewählt. Neu ist die ganz offene Verachtung des als störend empfunden Plebs. Wo man sich früher aus dem Weg ging, wird heute ganz ungeniert mit Gewalt gedroht. Wofür sollte man sich auch genieren? Der Bundespräsident selbst sah bei unbequemen Wählern keine „mildernden Umstände“ mehr und rückte ihnen damit mit dem Jargon des Strafrechts auf die Pelle.
Diese gesellschaftliche Überkompensation der eigenen sozialen, wirtschaftlichen und auch charakterlichen Mängel der sie Repräsentierenden braucht ein wehrloses Opfer. Und da Kerkeling keines sein möchte und lieber ängstlich aus der Hauptstadt flieht, sucht er sich ein Ventil. Die Brühe, die er da rausläßt, ist dann nicht umsonst ziemlich braun und von Gewaltsprache gespickt. Gleich zwei deutsche Staaten haben im vergangenen Jahrhundert auf solche Komplexe aufgebaut.
Berlin ist immer eine Reise wert
Hape Kerkeling zieht jetzt nach Köln. Auch dort steigt die schwulenfeindliche Gewalt seit dem Jahr der großen Grenzöffnung 2015 an. Immerhin, er darf sich trösten, ist die AfD dort ähnlich schwach wie in Berlin.
Die Deutsche Presseagentur (dpa) bastelte aus den Äußerungen zu seiner Hauptstadt-Flucht übrigens folgende Überschrift: „Hape Kerkeling ist immer wieder gerne in Berlin.“ Nur leben will er dort nicht mehr. Und daran ist nicht die AfD schuld.