Europas Konservative und Christdemokraten ziehen mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an der Spitze in die Europawahl Anfang Juni.

Mit einem Wangenkuss gratuliert Polens Premier Donald Tusk Ursula von der Leyen zur EVP-Spitzenkandidatur für die Europawahl

Per Wangenkuss gratuliert Polens Premier Donald Tusk Ursula von der Leyen zur EVP-Spitzenkandidatur Foto: ap/Andreea Alexandru

BRÜSSEL taz | Vor fünf Jahren stand sie auf keinem Wahlzettel, nun soll sie für Christdemokraten und Konservative die Europawahl gewinnen: Die CDU-Politikerin Ursula von der Leyen ist am Donnerstag beim Kongress der Europäischen Volkspartei (EVP) in Bukarest zur Spitzenkandidatin nominiert worden. Für sie stimmten 400 Delegierte, 89 sprachen sich gegen sie aus. Gegenkandidaten gab es nicht.

Die Entscheidung war denn auch keine klassische Wahl, sie ähnelte eher einer Krönungszeremonie. Noch während die Stimmzettel ausgezählt wurden, huldigten mehrere konservative Staats- und Regierungschefs der „Queen of Europe“, wie die 65-Jährige in Brüssel wegen ihrer selbstherrlichen Führung der EU-Kommission augenzwinkernd genannt wird, die seit sie 2019 leitet.

Für die Nominierung waren zahlreiche EU-Kommissare nach Bukarest gereist; die genaue Zahl wollte von der Leyens Sprecher auf Nachfrage der taz nicht verraten. Auch Parlamentspräsidentin Roberta Metsola ließ es sich nicht nehmen, am EVP-Event teilzunehmen und die deutsche EU-Chefin – die das Parlament eigentlich kontrollieren soll – zu loben. „Danke, Ursula“, rief sie aus.

Abkehr vom Green Deal von der Leyens

Trotz der bombastischen Inszenierung mit Popmusik und Europahymne gab es in Bukarest einige Misstöne. So stimmten die konservativen französischen Republikaner gegen von der Leyen. Der frühere EU-Kommissar Michel Barnier nannte es „unverständlich“, dass sie im Herbst an einer Parteiveranstaltung des liberalen französischen Staatschefs Emmanuel Macron teilgenommen hatte.

Allerdings stützt sich von der Leyen bei ihrer Bewerbung für eine zweite Amtszeit nicht nur auf Macron, der sie 2019 als Alternative zum damaligen EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU) aus dem Hut gezaubert hatte. Sie hat auch das Vertrauen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und vieler anderer Staats- und Regierungschefs in der EU – quer durch alle parteipolitischen Lager.

Da die Chefs nach der Europawahl die Kommissionsspitze aussuchen und die EVP in allen Wahlprognosen vorn liegt, gilt ihre Bestätigung als so gut wie sicher. Von der Leyen muss sich nicht einmal mehr den Wählern stellen: Sie hat sich gegen eine Bewerbung um einen Parlamentssitz entschieden und dient der EVP bei der Europawahl im Juni vor allem als Aushängeschild und Zugpferd.

Allerdings versucht die EVP, ihre lange ungeliebte Spitzenkandidatin auf ein stramm rechtes Programm festzulegen. Der „Green Deal“ für den Klimaschutz, mit dem von der Leyen ihre Arbeit in Brüssel begonnen hatte, kommt nur noch am Rande vor. Das Umwelt- und Klimaprogramm soll aufgeweicht werden, um den Bauern-Protesten Rechnung zu tragen und der Industrie entgegenzukommen.

Ukraine und Migration als zentrale Themen der EVP

Im Mittelpunkt steht der Krieg in der Ukraine und die Migration. Als Antwort auf die russische Invasion fordert die EVP mehr Waffen für die Ukraine und die Schaffung eines Verteidigungskommissars. Bei der Migration setzt sie vor allem auf Abwehr und Abschiebung; Asylanträge sollen künftig zunehmend in „sicheren“ Drittstaaten bearbeitet werden. Als Beispiel gilt Ruanda.

Für den Rechtsruck hatte sich vor allem EVP-Chef Weber eingesetzt. Er wirbt auch um rechtskonservative Parteien wie die EKR, um die konservative Machtbasis nach der Europawahl auszuweiten. Von der Leyen widersprach dem in Bukarest nicht. Vielmehr lobte sie das „fantastische“ Wahl-Manifest. „Lasst uns diese Wahlen gewinnen“, rief sie unter rauschendem Beifall.



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