Frauen in Niedersachsen und Bremen sind nach wie vor in vielen Bereichen der Gesellschaft benachteiligt. «Auf dem Papier ist zwar viel passiert, aber im Alltag sehr vieler Frauen ist die strukturelle Benachteiligung nach wie vor zu spüren», sagte Niedersachsens Gleichstellungsminister Andreas Philippi. Das zeige sich etwa bei der Lohnlücke, der Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen oder aufgrund der höheren Armutsgefährdung durch geringere Renten, wie der SPD-Politiker anlässlich des Weltfrauentags an diesem Freitag sagte.
So steht es um die Gleichberechtigung der Geschlechter in Niedersachsen und Bremen:
Lohnunterschied
Der Unterschied zwischen den Geschlechtern wird beispielsweise bei der Lohnlücke greifbar. Im vergangenen Jahr verdienten Frauen in Niedersachsen wie auch im Jahr zuvor im Schnitt 18 Prozent weniger als Männer. Nach Angaben des Landesamts für Statistik (LSN) erhielten Arbeitnehmerinnen mit 19,74 Euro durchschnittlich 4,38 Euro weniger pro Stunde als Arbeitnehmer. Im Land Bremen lag der Verdienstunterschied bei 19 Prozent, deutschlandweit bei 18 Prozent.
Darauf macht auch der Equal Pay Day aufmerksam, der am Mittwoch war. Wenn man die Lohnlücke rechnerisch in Tage umrechnet, arbeiteten Frauen bis zu diesem Tag im Jahr unbezahlt im Durchschnitt. Je später im Jahr der Aktionstag ist, desto größer ist der Lohnunterschied. «Im EU-Vergleich belegt Deutschland beim Gender Pay Gap den drittletzten Platz», sagte die Bremer Senatorin für Frauen, Claudia Bernhard (Linke).
Für die Lohnlücke gibt es Merle Mangels vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Niedersachsen zufolge mehrere Gründe. Eine Rolle spielten unter anderem schlechtere Bezahlungen in frauendominierten Branchen wie Pflege und Erziehung, Arbeit in Teilzeit oder die geringe Zahl an Frauen in Spitzenpositionen. «Die Landesregierung muss sich einen Fahrplan überlegen, wie sie für gerechtere Löhne von Frauen sorgt und somit die Lohnlücke verringert», sagte Mangels. Ein Beispiel könne sich Niedersachsen dabei an Bremen nehmen, wo es bereits eine Strategie für Entgeltgleichheit gebe.
Unterschiede bei der Erwerbstätigkeit
Laut Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit waren zum Stichtag 30. Juni vergangenen Jahres prozentual mehr Männer als Frauen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Zudem arbeitete mit Stand Juli 2023 mit 45,1 Prozent fast jede zweite sozialversicherungspflichtige Frau in Teilzeit. Bei den Männern traf das nur auf rund jeden Zehnten zu. Im Land Bremen verrichteten demnach 44,6 Prozent der weiblichen Arbeitskräfte ihre Arbeit in Teilzeit, während es bei den Männern 13,8 Prozent waren.
Bremens Sozialsenatorin Claudia Schilling nach brauche es mehr erwerbstätige Frauen. «Das ist für mich nicht nur ein Teil der Antwort auf den Fachkräftemangel, den wir in immer mehr Branchen haben, sondern auch eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit», sagte die SPD-Politikerin.
Repräsentation in der Politik
Auch auf der politischen Ebene sind Frauen unterrepräsentiert. Im niedersächsischen Landtag sind 50 der insgesamt 146 Abgeordneten weiblich. Dies entspricht einem Anteil von 34 Prozent. Mit rund 58 Prozent ist die Fraktion der Grünen momentan die einzige der vier Fraktionen, bei denen es mehr Parlamentarierinnen als Parlamentarier gibt. Im Bremer Parlament sitzen ebenfalls deutlich mehr Männer als Frauen.
Aufgrund der Unterrepräsentation von Frauen bestünde dem Ministerium für Gleichstellung zufolge auch in Niedersachsen der Bedarf nach einem Paritätsgesetz. «Eine Gesetzesinitiative zur Parität muss jedoch vom niedersächsischen Landtag ausgehen, beispielsweise durch Einsetzung einer Enquetekommission», hieß es vom Ministerium.
Im Koalitionsvertrag haben SPD und Grüne vereinbart, sich für ein Paritätsgesetz einzusetzen, mit dem der Frauenanteil im Landtag auf die Hälfte angehoben werden soll. Dafür benötigen die Koalitionspartner jedoch die Unterstützung der Opposition, um auf eine Zwei-Drittel-Mehrheit zu kommen, die für diese Verfassungsänderung nötig ist.
Benachteiligung im Gesundheitsbereich
Nach Angaben des Landesverbands Sexuelle Gesundheit wird unter anderem die Ansteckungen von HIV bei Frauen erst in einem späten Stadium erkannt. Die Präventionsarbeit werde bei Frauen häufig ignoriert. «Dabei entfallen rund 20 Prozent der festgestellten Neuansteckungen mit HIV in Niedersachsen auf Frauen – der Bedarf ist also deutlich zu sehen», sagte Verbandsvorständin Ingrid Mumm. Das Land biete keine ausreichenden Beratungsmöglichkeiten für HIV-positive Frauen. Nötig seien unter anderem Schulungen rund um HIV und Kinderwunsch, Schwangerschaft, Stillzeit, Verhütung und die Wechseljahre.
Grüne fordern Feiertag am 8. März
Der Weltfrauentag am 8. März soll nach Ansicht der Grünen ein Feiertag in Niedersachsen werden. «Um die Leistungen von Frauen in der Gesellschaft stärker wertzuschätzen und zugleich ein Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit zu schaffen, fordern wir, dass der Internationale Frauentag am 8. März auch in Niedersachsen zum gesetzlichen Feiertag wird», sagte die Landesvorsitzende Greta Garlichs. SPD und Grüne haben im Koalitionsvertrag angekündigt, die Einführung eines weiteren Feiertags zu prüfen. Welcher Tag das sein könnte, steht bislang nicht fest.
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Frauen in Niedersachsen und Bremen sind nach wie vor in vielen Bereichen der Gesellschaft benachteiligt. «Auf dem Papier ist zwar viel passiert, aber im Alltag sehr vieler Frauen ist die strukturelle Benachteiligung nach wie vor zu spüren», sagte Niedersachsens Gleichstellungsminister Andreas Philippi. Das zeige sich etwa bei der Lohnlücke, der Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen oder aufgrund der höheren Armutsgefährdung durch geringere Renten, wie der SPD-Politiker anlässlich des Weltfrauentags an diesem Freitag sagte.