Im öffentlichen Nahverkehr von Nordrhein-Westfalen halten die großen Einschränkungen durch einen erneuten zweitägigen Warnstreik der Gewerkschaft Verdi am Mittwoch an. Bereits zum Auftakt am Dienstag waren infolge von Arbeitsniederlegungen in rund 30 kommunalen Verkehrsbetrieben die Straßenbahnen und U-Bahnen in den Depots geblieben. Nur ein kleiner Teil der Linienbusse fährt erfahrungsgemäß in den Streikregionen, die ohnehin von privaten Subunternehmen betrieben werden.

Der Warnstreik sei am Mittwoch planmäßig fortgesetzt worden, sagte Frank-Michael Munkler vom Verdi-Bezirk Köln-Bonn-Leverkusen der Deutschen Presse-Agentur am Morgen. Die Streikbeteiligung ist nach den Angaben des Gewerkschaftsvertreters weiter hoch. Seit Streikbeginn fand keine Arbeitsaufnahme statt, sagte Munkler. Verdi-Vertrauensmann Lars Grüning bei den Dortmunder Stadtwerken DSW21 äußerte sich ähnlich. «Die Beteiligung ist sehr hoch», sagte er. «Viele sind willig zu kämpfen für das, was sie haben wollen.»

Die Gewerkschaft erwartet zu einer Kundgebung in Dortmund am Mittwochvormittag (11 Uhr) auf dem Friedensplatz etwa 3500 Teilnehmer aus den Streikregionen, sagte Verdi NRW-Nahverkehrsexperte Peter Büddicker der dpa. Der zweitägige Warnstreik ende am Mittwochabend oder in der Nacht zum Donnerstag mit dem jeweiligen Schichtende.

Hintergrund des weiteren zweitägigen Warnstreiks in NRW sind die Tarifverhandlungen über die Arbeitsbedingungen der landesweit etwa 30 000 Beschäftigten in den kommunalen Verkehrsbetrieben. Zwei Verhandlungsrunden waren ergebnislos geblieben. Verdi NRW fordert unter anderem zusätzliche freie Tage, um die Beschäftigten zu entlasten und die Berufe attraktiver zu gestalten. Es herrsche ein dramatischer Arbeitskräftemangel. Täglich fielen in allen Tarifbereichen Busse und Bahnen aus, weil es nicht genug Personal gebe

Der Arbeitgeberverband KAV NRW hat in dem Tarifkonflikt auf Landesebene auf einen engen Finanzspielraum und darauf verwiesen, dass die Gehälter zum 1. März wie vor längerer Zeit vereinbart deutlich stiegen. Zusätzliche freie Tage würden bei dem Fahrermangel dazu führen, dass die dann noch vorhandenen Fahrer mehr belastet würden. Der Verband zeigte sich optimistisch, in der dritten Verhandlungsrunde ein «Gesamtpaket» vereinbaren zu können. Die Tarifverhandlungen sollen am 11. und 12. März fortgesetzt werden.

In den vergangenen Wochen hatte Verdi NRW bereits zu zwei eintägigen Warnstreiks Anfang und Mitte Februar sowie zu einem zweitägigen Warnstreik Ende Februar/Anfang März im kommunalen NRW-Nahverkehr aufgerufen. Unabhängig von diesem Tarifkonflikt beginnt die Lokführergewerkschaft GDL am Donnerstag um 2 Uhr im Personenverkehr der Deutschen Bahn bundesweit einen 35-Stunden-Streik, der bis Freitag 13 Uhr reichen soll.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im NRW-Landtag, Jochen Ott, hat angesichts der andauernden Streiks im Nahverkehr, bei der Bahn und an Flughäfen vor einer schwindenden Unterstützung der Öffentlichkeit gewarnt. Jeder Gewerkschaftsführer müsse sich gut überlegen, wann der Punkt komme, wo er die breite Unterstützung der Öffentlichkeit verliere, sagte er am Dienstag. Der SPD-Politiker vermutete bei der GDL und der Bahn mangelnden Einigungswillen. Das sei bei Verdi anders. Er sei überzeugt, dass in den Tarifkonflikten im Nahverkehr und an den Flughäfen die Einigungsbereitschaft deutlich höher ausgeprägt sei.

Der Wirtschaftswissenschaftler Jens Südekum sieht in den Streiks «Vorboten am Arbeitsmarkt». Angesichts des Arbeitskräftemangels und des demografischen Wandels sei klar: «Der Faktor Arbeit wird knapper, wird dadurch wertvoller, hat dadurch auch höhere Macht in Tarifverhandlungen.» Die Machtverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt drehten sich inzwischen ein Stück weit, sagte der Professor für Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Südekum war am Dienstag Gast bei der SPD-Landtagsfraktion.

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