Noch nie haben so viele Ärztinnen und Ärzten ohne deutschen Pass in Deutschland gearbeitet. Zum Stichtag 31. Dezember 2023 waren es 63.763 Mediziner, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag) unter Berufung auf eine Statistik der Bundesärztekammer berichten. Damit habe sich die Zahl seit 2013 (rund 30.000) mehr als verdoppelt. 1993 habe es lediglich etwa 10.000 ausländische Ärztinnen und Ärzte gegeben.
Probleme durch schlechte Deutschkenntnisse
Die meisten Mediziner ohne deutschen Pass kommen den Angaben zufolge aus EU-Ländern oder anderen europäischen Staaten sowie aus Ländern des Nahen Ostens. Häufigste Herkunftsländer seien Syrien (6.120), Rumänien (4.668), Österreich (2.993), Griechenland (2.943), Russland (2.941) und die Türkei (2.628).
Der Hauptgeschäftsführer der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, Jürgen Hoffart, warnte vor wachsenden Problemen durch schlechte Deutschkenntnisse ausländischer Kollegen. Es komme immer wieder zu lebensgefährlichen Missverständnissen. So würden die Begriffe Brustschmerz und Bauchschmerz verwechselt, woraufhin der Arzt den Bauch anschaue und den Herzinfarkt übersehe.
Laut Hoffart wird sich in den kommenden Jahren das Problem verschärfen. Denn mit „eigenen“ Studierenden sei der Personalbedarf in der Medizin künftig leider nicht zu decken. Von den jährlich rund 11.000 Studienabgängern in Deutschland gehe ein beachtlicher Teil nicht in den Beruf.
„Ohne Zweifel ist das eine Zwickmühle“
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte am Sonntag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), alltagssprachliche Deutschkenntnisse seien für ausländische Mediziner unabdingbar: „Sonst sind Missverständnisse vorprogrammiert, die zu Paralleluntersuchungen, aber auch zu Behandlungsfehlern führen können.“
Die Fakten zeigten, dass das deutsche Gesundheitssystem auf ausländische Ärzte angewiesen sei, fügte er hinzu. Gerade in den Krankenhäusern könne so die Personallücke geschlossen werden. Hinzu komme, dass für einheimisches medizinisches Fachpersonal das Ausland oft attraktiver sei und gleichzeitig die Teilzeitquote seit Jahren rasant steige.
„Ohne Zweifel ist das eine Zwickmühle“, ergänzte Brysch: „Doch die sprachliche Qualifizierung des Personals darf nicht herabgesetzt werden. Sonst werden kranke Menschen noch stärker benachteiligt.“
Gerade hochbetagte Patienten, die auch an Schwerhörigkeit oder Demenz litten, bräuchten Ärzte mit Sprachgefühl: „Zu den bereits eingeforderten Nachweisen allgemein- und fachsprachlicher Prüfungszertifikate muss es zusätzlich einen bundesweit geltenden C1-Standard in der Patientenkommunikation geben.“
Denn der Nachweis über die Fachsprache reiche nicht aus, mahnte der Patientenschützer. Bisher aber gebe es eine solche Regelung nur in wenigen Bundesländern: „Ebenso sind Krankenhausträger gefordert, die sprachliche Eignung für die konkrete Tätigkeit regelmäßig zu überprüfen. Der Nachweis muss dokumentiert werden.“