Wir leben in Zeiten, die uns einiges Kopfzerbrechen bereiten. Deshalb fragen wir in der Serie “Worüber denken Sie gerade nach?” führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Stimmen des öffentlichen Lebens, was sie gegenwärtig bedenkenswert finden. Die Fragen stellen Maja Beckers, Andrea Böhm, Christiane Grefe, Nils Markwardt, Peter Neumann, Elisabeth von Thadden, Lars Weisbrod oder Xifan Yang. Heute antwortet der Publizist Vincent Bevins.

ZEIT ONLINE: Vincent Bevins, worüber denken Sie gerade nach?

Vincent Bevins: Über die Frage, was aus dem Internet geworden ist. Jeder kennt die Geschichte des Aufstiegs der Oligarchen in Russland in den 1990er- und 2000er-Jahren. Ich glaube, dass auch die USA in den vergangenen Jahrzehnten eine Klasse von Oligarchen geschaffen haben. In den Vereinigten Staaten haben wir die Produkte jahrzehntelanger kollektiver Anstrengungen und öffentlicher Investitionen ebenfalls an eine winzige Gruppe von Männern übertragen – nur verlief das in unserem Fall im Zuge der Privatisierung des Internets und nicht durch die Übertragung sowjetischer Industrieanlagen – und unser politisches System ist nicht zusammengebrochen. Zumindest noch nicht. Als ich jünger war, hielten wir es für selbstverständlich, dass das Internet zu mehr Demokratie, Transparenz und Freiheit führen würde. Heute neigen wir dazu, das genaue Gegenteil zu denken.



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