Berlin. Mehrere Bundesländer haben sich dafür ausgesprochen, in ihren Kommunen eine Arbeitspflicht für Geflüchtete einzuführen, darunter etwa Nordrhein-Westfalen, Bayern und Sachsen-Anhalt. „Arbeitsmarkt- und sozialpolitisch ist es zu begrüßen, wenn die Menschen, die in dieses Land kommen, so schnell wie möglich in geregelte Tagesabläufe kommen und eine sinnvolle Aufgabe haben“, sagte Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
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Arbeitsgelegenheiten seien nicht zuletzt im Interesse der geflüchteten Menschen selbst, so Laumann: „Deshalb würde ich vor allem die Chancen betonen, die eine Arbeitsgelegenheit bietet: Für die Integration, für den Spracherwerb, um Einheimische kennenzulernen.“
Bayerns Innenminister: „Kann eine Win-win-Situation für alle sein“
Unterstützung für die Umsetzung der Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz kommt auch aus Bayern. „Ich bitte ausdrücklich alle Oberbürgermeister und Landräte, die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, um Asylbewerbern eine gemeinnützige Arbeit anzubieten“, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU). „Das kann eine Win-win-Situation für alle sein.“
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Zuvor hatte der CDU-Landrat des thüringischen Saale-Orla-Kreises, Christian Herrgott (CDU), die rechtliche Möglichkeit umgesetzt, Geflüchtete zu vier Stunden gemeinnütziger Arbeit pro Tag zu verpflichten und ihnen dafür einen Stundenlohn von 80 Cent zu zahlen. Weigern sie sich, droht den Betroffenen eine Kürzung von Leistungen. Die Regelung liegt in der Hand der Kommunen, manche Bundesländer würden eine flächendeckende Umsetzung befürworten.
„Die im Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehenen Mitwirkungspflichten müssten effektiver durchgesetzt werden“, sagte etwa der Sprecher des Arbeitsministeriums in Schleswig-Holstein, Harald Haase, dem RND. Dabei sei eine flächendeckende Arbeitspflicht für Geflüchtete durchaus vorstellbar: „Aktuell geplant ist es nicht, aber denkbar ja.“
Auch das Innenministerium in Sachsen-Anhalt sieht die Regelung positiv. Arbeitsgelegenheiten seien ein Instrument, mit dem vor allem Menschen, die noch nicht arbeiten dürften, die Gelegenheit gegeben werde, nicht in Untätigkeit zu verfallen, erklärte Sprecherin Karina Wessel dem RND.
Und wieder steht das Land still: Sind wir auf dem Weg in die Streikrepublik?
Die Auswirkungen treffen fast jeden: In diesem Jahr gab es bereits so viele folgenreiche Arbeitskämpfe wie selten. Bislang wurde in Deutschland verhältnismäßig wenig gestreikt – doch das könnte sich jetzt ändern.
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„Sie können so viel mehr ihre Leistungsbereitschaft und Potenziale in einer beschäftigungsähnlichen Tätigkeit erproben und so zugleich einen eigenen Beitrag zur Sicherung ihres Lebensunterhalts sowie zum Wohl der Allgemeinheit leisten“, sagte sie.
Magnus Jung, saarländischer Minister für Arbeit und Soziales, wünscht sich ebenfalls Beschäftigung für Geflüchtete, jedoch auf freiwilliger Basis: „Das Land hat ein Interesse daran, Asylbewerber möglichst schnell in reguläre Beschäftigung zu bringen“, sagte er dem RND.
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Berlin und Brandenburg kritisieren die Regelung
Widerspruch kommt dagegen aus Berlin. Arbeits- und Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) hält die Regelung für unwürdig: „Asylbewerber für 80 Cent die Stunde verpflichtend arbeiten zu lassen ist weder eine Wertschätzung der Arbeit noch eine akzeptable Bezahlung“, sagte sie. „Bekanntlich haben die 1-Euro-Jobs der Hartz-Gesetze ihr Ziel weit verfehlt.“
Für Brandenburgs Integrationsministerin Ursula Nonnenmacher (Grüne) geht die Diskussion um die Arbeitspflicht in die falsche Richtung. „Mit dieser Scheindebatte zur ‚Arbeitspflicht‘ wird nur wieder die falsche Erzählung vom ‚arbeitsscheuen‘ Geflüchteten bedient“, kritisierte sie. „Die meisten Geflüchteten wollen schnell arbeiten, dürfen das in Deutschland aber oft nicht“, sagte sie dem RND.
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Hamburg setzt auf ein eigenes Modell
Auch Hamburg plant keine Arbeitspflicht für Geflüchtete und verwies auf ein eigenes Modell zur Arbeitsmarktintegration: Ein Programm mit Arbeitsagentur und Jobcenter habe zu einem positiven Trend geführt, sagte der Sprecher der Hamburger Sozialbehörde, Wolfgang Arnhold, dem RND. „In Hamburg gelingt es in besonderem Maße, Geflüchtete in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bringen.“ Zuletzt habe die Teilhabe am Fachkräftemarkt mit 62,7 Prozent erneut deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 53,5 Prozent gelegen, sagte er unter Verweis auf Zahlen vom vorigen Juni.
Die Länder Hessen, Thüringen und Sachsen, wo bereits einige Kommunen die Regelung umsetzen, hegen laut den jeweiligen Arbeitsministerien keine Pläne zu einer einheitlichen Arbeitspflicht für Geflüchtete.